Infusionsschläuche sind am Bett eines intubierten Corona-Patienten in einem Intensivbett-Zimmer angebracht.
Infusionsschläuche sind am Bett eines intubierten Corona-Patienten in einem Intensivbett-Zimmer angebracht. dpa/Matthias Balk

DAS! MUSS! DOCH! AUCH! DEN! LETZTEN! WACHRÜTTELN! Berlin steht vor dem Kollaps des Notfall-Versorgungs-Systems. Es sind kaum noch Intensivbetten frei, wie ein Charité-Arzt nun verrät. Und die Lage rund um die vielen Corona-Patienten wird immer dramatischer.

„Die Corona-Lage ist sehr besorgniserregend und momentan nicht unter Kontrolle“, erklärte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmediziner (Divi), kürzlich.

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In ganz Deutschland würden derzeit 3675 Corona-Patienten auf Intensivstationen liegen. 1887 davon seien erst letzte Woche dazugekommen. Im Schnitt werden sie 15 bis 20 Tage dort liegen.

In Berlin werden Intensivbetten durch dramatische Corona-Lage knapp

Und auch in Berlin spitzt sich die Lage immer schneller zu. Die Corona-Inzidenz in der Hauptstadt bleibt auf hohem Niveau. Sie lag am Dienstagmorgen bei 349. Am Montag betrug der Wert 338. 3263 Menschen wurden in Berlin im Vergleich zum Vortag als nachweislich neu infiziert registriert.

Der Corona-Tsunami droht das Versorgungs-System endgültig zum Kollabieren zu bringen. Steffen Weber-Carstens, Leiter des DIVI-Intensivregisters und Teil der Charité-Klinikleitung, sagte dem Tagesspiegel, in Berlin seien von 1051 Intensivbetten nur noch 91 frei belegbar. Aktuell würden aber etwa 25 Covid-Neuaufnahmen täglich erfolgen. „Es ist sehr, sehr eng geworden“, warnt Steffen Weber-Carstens.

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Wie lange das noch gut gehen kann, kann man sich selbst ausrechnen. Ein paar Tage vielleicht, maximal wenige Wochen. Dann ist die Grenze des Leistbaren erreicht. Und dann? 

Ein Intensivmediziner arbeitet in Schutzkleidung in einem Intensivbett-Zimmer am Bett eines über einen Luftröhrenschnitt beatmeten Corona-Patienten. F
Ein Intensivmediziner arbeitet in Schutzkleidung in einem Intensivbett-Zimmer am Bett eines über einen Luftröhrenschnitt beatmeten Corona-Patienten. F Matthias Balk/dpa

„Das alles wird uns so belasten, dass man eine Triage als letztes Mittel, wenn es gar nicht anders geht, unter dem Bild einer Katastrophenmedizin auch in Berlin nicht mehr ausschließen kann“, warnte der Intensivmediziner vom Berliner St. Gertraudenkrankenhaus, Jörg Weimann, im rbb. Müssen Mediziner dann im Notfall entscheiden, wen sie behandeln – und wen eben nicht?

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Zwar gibt es noch eine Art Notfall-Notfall-Plan. 334 Betten stehen zur Reserve bereit. Aber wer soll die betreuen? Das Personal wird immer weniger. Ein Beleg dafür: Noch im vergangen Herbst hatte Berlin planmäßig 1300 Intensiv-Betten, 249 mehr als heute.

Denn eine Intensiv-Pflegekraft darf am Tag maximal zwei Betten betreuen, nachts drei. In je mehr Betten Menschen ums Überleben kämpfen, desto höher ist der Personalaufwand.

Keine Frage: Schaffbar ist das nur, wenn planbare OPs wieder verschoben werden. Das ist schon jetzt zum Teil der Fall: „Eine OP wegen eines Grauen Stars hat eine geringere Notwendigkeit als eine Operation wegen Brustkrebs. Dinge, die verschoben werden können, müssen hintenanstehen“, so Jörg Weimann.

Dramatische Corona-Lage in Berlin – Mediziner warnt bei Intensivmedizin: „Wir verlieren an Qualität.“

So kann Personal abermals umgeschichtet werden. So können Krankenschwestern von normalen Stationen aushelfen.  Studierende und Assistenzärzte müssen auf den Corona-Stationen mit ran. Steffen Weber-Carstens warnte aber vor den Folgen: „Wir verlieren mit der Ausdünnung des Personals an Qualität.“ Und damit ist niemandem geholfen.

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Dabei kann ein Weg aus der Corona-Welle nach wie vor nur über das Impfen gehen. „Es gibt eine ganze Reihe junger Patienten auf den Intensivstation, die sind überwiegend ungeimpft“, versichert Steffen Weber-Carstens und wirbt für mehr Bereitschaft zum Impfen.

„20 Prozent der Menschen in Berlin sind nicht geimpft, dabei geht es also um 750.000 Menschen“, betont Jörg Weimann. „Bei ungefähr 20 Prozent der Intensivpatienten gehen wir von Impfdurchbrüchen aus – dabei geht es vor allem um Ältere oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen. Bei den Ungeimpften werden die Intensivpatienten dagegen immer jünger und wir haben immer wieder welche dabei, die keine Vorerkrankungen haben.“

Eine Impfpflicht wollen hingegen auch Intensivmediziner nicht. Nicht einmal für den eigenen Berufsstand. „Wir sind gegen eine Impfpflicht für einzelne Gruppen“, so Divi-Präsident Gernot Marx. Es gebe aber eine „moralisch-ethische Verpflichtung von Ärzten und Pflegern zur Impfung“.