Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender beim 68. Bundespresseball. Für Freitag sagte er ab.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender beim 68. Bundespresseball. Für Freitag sagte er ab. dpa/Kalaene

Feiern wir mit dem Bundespresseball 2022 unsere Freiheit und unsere Art zu leben, oder ist der gesellschaftliche Höhepunkt dieses Frühjahrs in Berlin eine Geschmacklosigkeit gegenüber den Kriegsopfern in der Ukraine? Die Meinungen darüber gehen auseinander.

Der Bundespräsident und die Außenministerin sagten ab, dafür hält der ukrainische Botschafter eine kurze Rede, und das Hotel Adlon wird außen in Blau-Gelb leuchten. Unmittelbar neben der Russenbotschaft Unter den Linden!

Trotz des russischen Krieges in der Ukraine wird der 69. Bundespresseball an diesem Freitag in Berlin gefeiert, als „Solidaritätsball“. Zu Beginn des Dinners, zu dem die Flaneure des Balls nicht zugelassen sind, werde Botschafter Andrij Melnyk zu den Gästen im großen Saal des Hotels am Brandenburger Tor sprechen, teilte die Bundespressekonferenz, der Verein der Hauptstadtjournalisten, als Veranstalter am Mittwoch mit.

Beim Bundespresseball Geld für die Organisation Reporter ohne Grenzen spenden

Bei dem Ball treten ukrainische Künstler auf und ukrainische Journalisten sollen sprechen. Die Gäste sollen am Abend in bar oder per Internetüberweisung Geld für die Organisation Reporter ohne Grenzen spenden, die Hilfsprojekte für Journalisten in der Ukraine und geflüchtete Journalisten startete und unabhängige Presse-Berichterstattung in Russland unterstützt.

Botschafter Melnyk hatte kürzlich mitgeteilt, er hoffe, dass der Ball „einen gewaltigen Impuls von Empathie und Support für die Ukraine, das ukrainische Volk und ganz besonders für freie ukrainische Medien geben wird“.

Aber es gibt bereits prominente Absagen: Abgesagt haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Steinmeier sei der Auffassung, so wurde in Medien zitiert, dass aktuell „nicht die richtige Zeit“ für einen Ball sei. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt nicht teil. Er kehrt erst am Freitag von einer Reise nach Japan zurück. Der Kanzler hat zudem sicher andere Sorgen als seine Standfestigkeit im Adlon zu beweisen.

Viele prominente Politiker beim Bundespresseball

Auf der Gästeliste stehen aber immerhin Arbeitsminister Hubertus Heil und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (alle SPD), Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, die Bundestags-Vizepräsidenten Katrin Göring-Eckardt und Wolfgang Kubicki sowie zahlreiche Staatssekretäre, Fraktionsvorsitzende und Bundestagsabgeordnete, hieß es.

Aus der Kulturbranche kommen unter anderem der Sänger Marius Müller-Westernhagen, die Schauspielerin Jasmin Tabatabai und der Schriftsteller Wladimir Kaminer. Die Wissenschaft ist vertreten durch den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler. Gerade hier hätte man sich aber auch eine kontroversere Besetzung vorstellen können.

Unter den 1800 eingeladenen Besuchern sind neben den Hauptstadtjournalisten zahlreiche Verleger, Chefredakteure, Moderatoren, Wirtschafts-Manager und Lobbyisten. Der Eintritt kostet mehrere Hundert Euro. 500 Kellner, Barkeeper, Köche, Wachleute, Designer und Musiker arbeiten in der Nacht.

Der Vorsitzende der Bundespressekonferenz, Mathis Feldhoff, bedauerte die Absagen. Sehr lange habe man darüber nachgedacht, ob der Ball angesichts des Krieges möglich sei. Der Krieg Russlands sei ein Angriff auf Freiheit und Demokratie und „gegen die freien Medien und die Pressefreiheit“. Daher sei auch dieser Ball ein Zeichen der Unterstützung. „Wir wünschen uns, dass der Ball zu einem starken Signal der Solidarität zur Ukraine wird.“

Der traditionelle Eröffnungswalzer des Bundespräsidenten fällt beim Bundespresseball aus

Der traditionelle Eröffnungswalzer des Bundespräsidenten fällt also aus, stattdessen tanzen zwei Paare deutsch-ukrainischer Profitänzer. Wenn es dunkel wird, soll das Hotel Adlon in Blau-Gelb, den Nationalfarben der Ukraine, angestrahlt werden. Das Motto der Büfetts lautet „Kulinarische Horizonte“ – neben Fisch, Austern, Lamm, Kalb und Currywurst spielen auch vegane Gerichte eine Rolle. Am Ausgang erhält jeder Besucher ein traditionelles ukrainisches Brot, gebacken von einer Gruppe ukrainischer Frauen in Berlin.

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Im Herbst 2020 war der Ball wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. 2021 wurde er auf dieses Jahr verschoben. Nun müssen alle Gäste geimpft oder genesen sein und einen aktuellen Corona-Test vorlegen.

Ob das hilft, den Ball nicht zum Spreader-Event werden zu lassen, sei dahingestellt. Die Fehlerquote in den Berliner Schnelltest-Zentren dürfte zurzeit hoch sein. Entgegen der Regel entnehmen deren Mitarbeiter die Abstriche nämlich meist aus der Nase und nicht aus dem Rachen, wie es bei der Omikron-Variante eigentlich üblich sein sollte.