Berliner Parlament verschleiert Millionen-Aufwand

Bund der Steuerzahler kritisiert Abgeordnetenhaus: „Unbegründete Aufblähung des Politikbetriebs“

Am Donnerstag soll darüber entschieden werden, ob jeder Abgeordnete vier statt drei Leute auf Staatskosten einstellen darf.

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Das Berliner Abgeordnetenhaus.
Das Berliner Abgeordnetenhaus.imago/Schöning

Der KURIER hatte die personelle Selbstbedienungstheke des Abgeordnetenhauses deutlich gemacht, die den Steuerzahler Millionen kosten dürfte. Jetzt sprang der Bund der Steuerzahler Berlin auf den Zug auf. Er sieht die geplante Erhöhung der Mitarbeiterbudgets für jeden der 147 Abgeordneten im Landesparlament kritisch. Statt wie bisher monatlich 4658 Euro zuzüglich Lohnnebenkosten sollen ihnen künftig bis zu 6930 Euro zur Verfügung stehen. Das sei eine völlig unbegründete Aufblähung des Politikbetriebs, teilte der Bund der Steuerzahler am Mittwoch mit.

Der Vorsitzende des Bunds, Alexander Kraus, wies auf die Regelung in Brandenburg hin, wo Landtagsmitgliedern für die Anstellung von Beschäftigten monatlich auch nur gut 4600 Euro zur Verfügung stünden. Die Budgeterhöhung in Berlin wird voraussichtlich bei der Plenarsitzung am Donnerstag beschlossen. Geplant ist, das Landesabgeordnetengesetz entsprechend zu ändern.

Außerdem soll den aktuell insgesamt 72 Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen ebenfalls zugestanden werden, vier statt drei Mitarbeiter  einstellen zu dürfen. Auch hier steigt die mögliche Gesamtsumme pro Fraktion auf 6930 Euro.

Fraktionen weigern sich, Fragen zu beantworten

Die Fraktionen von SPD, Grünen, CDU, Linke und FDP, die die Änderung beantragt hatten, weigern sich seit anderthalb Wochen, die Fragen des KURIER nach einer Begründung für die Personalmaßnahme zu beantworten. Die entsprechenden Gesetze sind so formuliert, dass man nicht sofort erkennt, wie teuer sie den Steuerzahler kommen können.

Gesetzt den Fall, dass Parlamentarier und BVV-Fraktionen die bisherige Möglichkeiten genutzt und jeweils drei Mitarbeiter haben, ermöglicht die neue Regelung die Einstellung von 219 weiteren. Das würde überschlägig mehr als 6,343 Millionen Euro pro Jahr kosten, plus Nebenkosten.

Unterdessen hat die Linksfraktion eine soziale Entscheidung getroffen. Ihre Mitglieder wollen den Nettobetrag der geplanten Diätenerhöhung für 2022 an den „Sozialdienst katholischer Frauen“ (SkF) spenden. Die Anhebung, über die das Landesparlament am Donnerstag beschließen will, macht monatlich pro Kopf netto etwa 90 Euro aus, bei 24 Abgeordneten kommen übers Jahr knapp 26.000 Euro zusammen, wie die Linksfraktion am Mittwoch vorrechnete.

Linke spenden Diätenerhöhung an katholisches Sozialwerk

„Die Mitglieder unserer Fraktion wollen mit ihrer Spende insbesondere denjenigen Menschen helfen, die aufgrund ihrer sozialen Lage besonders hart von den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind“, teilten die beiden Fraktionsvorsitzenden, Anne Helm und Carsten Schatz, mit.

Der SkF Berlin engagiere sich in vielfältiger Weise besonders für wohnungslose Frauen, von einer ganzjährigen Notübernachtung bis zum Projekt Housing First für Frauen. Hervorzuheben seien auch die vielfältigen Unterstützungsangebote des SkF gegen häusliche Gewalt, wie Wohnprojekte für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder.

Die Diäten der Abgeordneten sollen von monatlich 6532 auf 6657 Euro steigen. Auch das soll am Donnerstag im Rahmen einer Änderung des Landesabgeordnetengesetzes beschlossen werden. Die Erhöhung ist nicht willkürlich wie offenbar die Vergrößerung der Zahl von Mitarbeitern, sondern entspricht regelmäßig der allgemeinen Lohnentwicklung.