86 Prozent lehnen Blockade-Aktionen ab
Bürger-Wut über Klima-Kleber: Aktionen schaden dem Anliegen Klima-Schutz – was die große Umfrage sonst noch verrät
Der Sohn von einem RAF-Oper warnt davor, Ziele mit radikalen Maßnahmen und Gewalt erreichen zu wollen.

Tag für Tag steht Berlin im Stau – weil die Klima-Kleber Autobahnzufahrten und Hauptverkehrsstraßen blockieren. Doch die selbst ernannten Aktivisten erreichen mit ihrem Asphalt-Protest genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen. Immer mehr Berliner sind sauer auf die Blockaden, immer weniger wird über Klimaschutz gesprochen. Das belegen auch aktuelle Umfragen.
65 Prozent der Deutschen halten den Umwelt- und Klimaschutz für ein sehr wichtiges Thema. Da sollte die Unterstützung von jungen Leuten, die für genau das kämpfen, eigentlich groß sein. Mitnichten. Eine große Mehrheit der Bundesbürger hält die Proteste der Klimagruppe „Letzte Generation“ einer Umfrage zufolge für kontraproduktiv.
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86 Prozent der Befragten fanden, dass die Aktivisten mit ihren Aktionen wie Straßenblockaden dem Anliegen des Klimaschutzes schaden, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen ergab. Nur sieben Prozent glauben demnach, dass die Aktionen dem Klimaschutz nutzen, weitere sieben Prozent waren unentschlossen.
CDU fordert:„ Letzte Generation“ durch Verfassungsschutz beobachten
Der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries fordert eine Beobachtung der „Letzten Generation“ durch den Verfassungsschutz. „Es findet keine Abgrenzung mehr zu linksextremistischen Gruppierungen statt. Diese Entgrenzung und Radikalisierung innerhalb kurzer Zeit ist brandgefährlich“, sagte de Vries der Bild. Er fordert, dass der Staat entschlossen „mit einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz und härteren Strafen“ reagieren müsse.
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Die „Letzte Generation“ weise mittlerweile „typische Merkmale einer extremistischen Organisation auf“, kritisiert der CDU-Politiker. „Straftaten zur Erreichung der eigenen politischen Ziele gelten ihnen als legitimes Mittel.“

Zuvor hatte die „Letzte Generation“ auf ihrer Webseite eine Solidaritätserklärung mit der Überschrift „Klima schützen ist kein Verbrechen“ veröffentlicht. Als deren erste Unterzeichnerin von Dutzenden Unterstützer-Organisationen wird die Interventionistische Linke genannt, die der Verfassungsschutz als Beobachtungsobjekt führt.
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Die „Letzte Generation“ hat zuletzt aus Protest immer wieder Straßen blockiert. Die Debatte über die Aktionen wurde zuletzt durch den Tod einer Radfahrerin in Berlin weiter angefacht. Die Frau war vergangene Woche von einem Betonmischer überrollt worden und wenige Tage später gestorben. Ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr, das helfen sollte, die Verletzte zu befreien, steckte in einem Stau, der von dem Klima-Protest ausgelöst wurde.
Auch nur 40 Prozent der Grünen-Wähler halten den Protest richtig
Die Süddeutsche Zeitung berichtete aber unter Berufung auf einen Einsatz-Vermerk, dass der verspätete Wagen nach Einschätzung der Notärztin keine Auswirkungen auf die Rettung der schwer verletzten Frau hatte.
Zahlreiche Politiker fordern ein härteres Vorgehen gegen die Blockierer. Trotzdem will die Gruppe ihre Protestaktionen fortsetzen.
Unter den rund 5000 Befragten der Civey-Umfrage hielten 81 Prozent das Vorgehen der Aktivisten für falsch, nur 14 Prozent hielten den Protest für richtig, wie die Anfang November online durchgeführte Umfrage weiter ergab. Die meiste Zustimmung gab es dabei noch unter den Wählern der Grünen (40 Prozent) und der Linken (34 Prozent). Bei den Wählern von CDU/CSU lag die Ablehnung bei 97 Prozent.
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Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz distanziert sich vom Vorgehen der „Letzten Generation“, äußert aber zugleich Befremden über manche Kritik aus der Union. „Wer die Proteste und Aktionen, die ich explizit nicht gutheiße, mit denen der RAF, die für die Ermordung von zahlreichen Menschen verantwortlich ist, gleichsetzt, hat Maß und Mitte in der Diskussion völlig verloren“, sagt von Notz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Wer meint, seine Ziele mit Gewalt durchsetzen zu können, verlässt den Konsens der Demokraten“
Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, hatte gefordert, die Entstehung einer „Klima-RAF“ müsse verhindert werden. Damit bezog sich Dobrindt auf die Rote Armee Fraktion (RAF). Die RAF galt in der Bundesrepublik über Jahrzehnte als Inbegriff von Terror und Mord. Den Linksterroristen fielen von 1970 bis Anfang der 90er-Jahre mehr als 30 Menschen zum Opfer.
Auch Rufe der Union nach Gesetzesverschärfungen wies von Notz zurück, CDU/CSU schössen „weit über’s Ziel hinaus“. „Denn selbstverständlich steht unserem Rechtsstaat schon heute ein umfassendes Instrumentarium zur Verfügung, das durchaus auch benutzt wird.“ Nach Angaben von CDU-Generalsekretär Mario Czaja will die Unionsfraktion im Bundestag einen Antrag für härtere Strafen für Klimaaktivisten einbringen.
Der Rechtsanwalt und RAF-Experte Butz Peters sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „RAF ist in dem Zusammenhang sehr hoch gegriffen.“ Denn diese habe vorsätzlich Menschen getötet „in der Vorstellung, dadurch das politische System in der Bundesrepublik ändern zu können – während die, über die wir reden, Teile des Straßenverkehrs in unseren Großstädten zusammenbrechen lassen in der Vorstellung, dadurch ihre Klimaziele durchsetzen zu können“.

Peters sieht jedoch „eine ganz klare Parallele in der Verkennung unseres politischen Systems“. Denn in der repräsentativen Demokratie könne schließlich jeder wählen und sich wählen lassen. „Wer meint, darauf verzichten und seine Ziele mit Gewalt durchsetzen zu können, verlässt den Konsens der Demokraten.“
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Der Sohn des 1977 von der RAF getöteten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, Michael Buback, sagte dem RND, er verstehe, dass junge Leute sich große Sorgen machten. „Aber ich warne davor, Ziele mit radikalen Maßnahmen und Gewalt erreichen zu wollen. Das hat uns nur Unglück gebracht.“ Er wolle „die Aktivitäten irgendeiner Gruppe ungern mit der RAF vergleichen, weil sie besonders grausam und schlimm war“, fügte er hinzu. „Aber ich sehe ideologisch bedingte massive Eingriffe in die Rechte anderer.“
In Berlin: Weitere Prozesse gegen Klima-Kleber
Nach Straßenblockaden wird am Dienstag am Amtsgericht Berlin-Tiergarten in weiteren Strafprozessen wegen Nötigung verhandelt. Im Fall eines 59-jährigen Klimademonstranten geht es (11.10 Uhr) um Beteiligung an zwei Aktionen der Gruppe „Letzte Generation“ im Januar und Februar 2022. Bei den Blockaden an der Stadtautobahn sowie im Bereich des Berliner Hauptbahnhofs hätten sich jeweils mehrere Personen auf die Straße gesetzt und für Stau gesorgt. In einem weiteren Verfahren wegen Nötigung steht ein 31-Jähriger (11.50 Uhr) vor Gericht. Gegen beide Männer war zunächst ein Strafbefehl ergangen. Sie legten Einspruch ein.