Trotz Corona-Krise: Brautkleid bleibt Brautkleid
Mitten im Corona-Jahr, in dem reihenweise Hochzeiten ins Wasser fielen, eröffnete Leonie Kriegshammer einen Laden für Vintage-Brautkleider in Berlin. Sie ist voller Hoffnung, dass ihre Kleider im Sommer wieder getragen werden können.

Alle Kleider im kleinen Atelierladen an der Stralauer Allee, den Leonie Kriegshammer gerade einrichtet, sind älter als 30 Jahre und erzählen ihre eigenen Geschichten. Brautkleid bleibt eben Brautkleid und wer, wenn nicht die weißen Spitzen- und Seidenstoffe mit klingenden Namen wie Helga, Erika, Brigitte und Sophie haben einen zweiten Auftritt verdient oder gar einen dritten?
Über 65 Stücke bauschen oder fließen elegant an der Stange im Atelier. Die ältesten aus den 60er-Jahren, jüngere aus den 1980ern. Sie alle haben einen schönsten Tag im Leben bereits überstanden, wurden dann sorgfältig aufbewahrt und sind nun bereit für den zweiten großen Auftritt.
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„Die Schnitte aus den verschiedenen Jahrzehnten sind einfach spannend und jedes Kleid ist einzigartig“, sagt Leonie Kriegshammer und lässt ihre Hände über Damast, Chiffon und Spitze gleiten. Ihre Sammelleidenschaft begann, als sie gemeinsam mit der Schwägerin in spe auf der Suche nach einem besonderen Hochzeitskleid war. Nach und nach wuchs ihr Fundus an außergewöhnlichen Stücken. Die 28-Jährige kaufte Kleider auf Ebay, in ihrer Heimatstadt Wolfsburg hängte sie Zettel auf und entdeckte so in Vergessenheit geratene Schätze.

Mittlerweile hat Leonie Kriegshammer Kleider für jeden Geschmack zusammen getragen: das brave 60er-Jahre Kleid, halblang und mit Petticoatrock. Das Hippiekleid mit Trompetenärmeln, Kleider mit Plauener Spitze, Kleider aus der ehemaligen DDR mit Tafetta-Spitze, eines von einem französischen Designer, kurze, lange, weite und schmale Kleider. Nur weiß müssen sie sein, das ist Bedingung.
Vintage-Brautkleider werden passend gemacht
Für sie alle gilt: Was nicht passt, wird vor Ort passend gemacht. Leonie Kriegshammer teilt sich den Laden mit der Maßschneiderin und Modedesignerin Stella Graber. Sie kann enger, weiter, länger oder kürzer machen, wo es nötig ist. Auch den Kleidern, die Leonie Kriegshammer ankauft, verpasst sie den letzten Schliff und schafft mit kreativen Änderungen neue Unikate. Einzig Rost- und Schweißflecken gehen gar nicht, da hilft nur noch die Schere oder eine richtig gute Designidee.

Den beiden Gründerinnen ist der Nachhaltigkeitsaspekt wichtig. „Warum etwas neu produzieren, wenn es wunderbare Kleider gibt?“, fragt die studierte Textildesignerin. Auch, wer sein Kleid nur für einen Tag mieten will, findet bei ihr Angebote.
Bei der Anprobe hören Kundinnen dann die Geschichten der Kleider, soweit Leonie Kriegshammer sie in Erfahrung gebracht hat. Eines etwa wurde am Tag der Trauung in einem Koffer im Bus stehen gelassen. Doch die Braut aus Dresden schaffte es, das Kleid rechtzeitig wiederzubekommen. Happy End. Und in Friedrichshain nun bereit zum happy Neuanfang.

Wann, wenn nicht jetzt, ist schließlich die beste Zeit, sich auf rauschende Feste, die hoffentlich bald wieder möglich sind, vorzubereiten und zu freuen?