Sicherheit für Fußgänger

Irre Geldverschwendung: Braucht Berlin wirklich neue Countdown-Ampeln?

60 Millionen Euro für fragwürdigen Nutzen. Der geplante Umbau der Berliner Ampeln steht in der Kritik. 

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Am Fehrbelliner Platz werden die neuen Countdown-Ampeln getestet.
Am Fehrbelliner Platz werden die neuen Countdown-Ampeln getestet.STPP/imago

Am Sonntag kündigte Verkehrssenatorin Manja Schreiner im Sofortprogramm des neuen Senates an, die Sicherheit für Fußgänger in Berlin verbessern zu wollen. Dazu brauche es schrittweise auch neue Ampeln, versehen mit Countdown-Anzeigen. Pure Geldverschwendung, urteilen Kritiker. Als ob Berlin nicht dringendere Vorhaben finanzieren müsste. 

Martin Schlegel, Experte für Mobilität des BUND Berlin,  findet Countdown-Ampeln für Fußgänger „nutzlos“, sie seien eine „ärgerliche Geldverschwendung“. Und tatsächlich sind die Ampeln, die per Balkensymbol anzeigen, wie lange noch grün oder rot ist, kein Schnäppchen. 

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Laut Tagesspiegel kostet ein Countdown-Modul bis zu 30.000 Euro. Der Umbau aller rund 2100 Ampelanlagen in Berlin würde so über 60 Millionen Euro kosten. Zu viel, urteilen Kritiker.

Zebrastreifen und bessere Schaltung an Ampeln

„Diese Gelder sollten lieber für das Zebrastreifenprogramm und andere Maßnahmen genutzt werden, die tatsächlich die Verkehrssicherheit erhöhen. Dazu gehört die bereits von etlichen Koalitionen angekündigte Regelung, dass Zufußgehende Straßen mit Mittelinseln in einem Zug queren können“, so Schlegel. 

Die Situation von Fußgängern ließe sich auch an anderer Stelle verbessern, schlägt der BUND vor. Etwa an Stellen, an denen eine Ampel auf einer Mittelinsel die Fußgänger zum Halten zwingt. 

Vier Minuten, um Frankfurter Allee zu queren

Der BUND Berlin hatte bereits vor sechs Jahren, als die vorherige große Koalition in Berlin regierte, dazu aufgerufen, fußgängerfeindliche Ampelschaltungen zu melden und dann 343 Stellen gesammelt. Die Frankfurter Allee schaffte es damals auf den unrühmlichen Spitzenplatz in der Kategorie „Längste Wartezeit“ mit Querungszeiten von sage und schreibe vier Minuten.

Etliche Ampelschaltungen in Berlin sind obendrein gefährlich. So gebe es laut BUND noch Kreuzungen, an denen Autos zweispurig abbiegen, während Fußgänger gleichzeitig Grün haben – diese sogenannten Doppelabbieger sind seit 20 Jahren unzulässig.

Nicht minder gefährlich sind Ampeln, die sowohl schmale Mittelinseln als auch so kurze Grünphasen haben, dass das Queren der Straße in einer Phase nicht möglich ist. Zu Stoßzeiten drängeln sich dort mehr Menschen, als auf die Mittelinseln passen.

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Und fast überall verkürzen die Schaltungen die Grünphasen für Fußgänger, um dem Autoverkehr viel Zeit zum Abbiegen zu geben. Der BUND fordert weiterhin, sämtliche Berliner Ampeln wirklich fußverkehrsfreundlich zu programmieren, statt Geld für sinnlose Maßnahmen auszugeben. 

Niklas Schenker von der Linken unterstützt diese Forderung. „Wir brauchen mehr Zebrastreifen, mehr Mittelinseln und längere Grünphasen an Ampeln.“ Das würde, so Schenker, die Sicherheit der Fußgängerinnen und Fußgänger wirklich verbessern.

Auch am Kurfürstendamm werden Countdown-Ampeln getestet. 
Auch am Kurfürstendamm werden Countdown-Ampeln getestet. Olaf Wagner/imago

Das Countdown-Ampel-System mit Balken wird bereits an drei Stellen in Berlin getestet. Zum Beispiel am Fehrbelliner Platz. Dort hat der RBB Passanten befragt, deren Feedback ist eindeutig: 

„Das erklärt sich nicht von selber, sondern man muss mehrfach drüber gehen, bis man festgestellt hat, wie die Ampel funktioniert“, sagt eine Frau. Ein weiterer Passant: „Ich glaube, keiner weiß, was der letzte Balken bedeutet.“