In Falkenberg gingen Stallgebäude in Flammen auf.
In Falkenberg gingen Stallgebäude in Flammen auf. dpa/Hammerschmidt

Am Haus des Gastes in Falkenberg/Elster kündigen die örtlichen „Tanzmäuse“ auf einem Banner einen Theaterball für September an. Doch statt heiterer Stimmung mit Tanz und Musik herrscht an diesem Dienstag im Juli große Anspannung in dem Ort im Landkreis Elbe-Elster nahe der brandenburgisch-sächsischen Landesgrenze. Ein ausgedehnter Wald- und Feldbrand hält die Feuerwehr seit Montagnachmittag in Atem. Rasend schnell haben sich die Flammen auf 850 Hektar ausgebreitet, wie Kreisbrandmeister Steffen Ludewig am Dienstag sagt.

Das Haus des Gastes ist zu einer Notunterkunft umfunktioniert worden. Drei Ortsteile – Kölsa, Kölsa-Siedlung und Rehfeld – sind am Montag geräumt worden. Am Dienstag erwägt die Einsatzleitung auch noch die Evakuierung von Lönnewitz. „Die Lage ist immer noch ernst. Wir haben immer noch Brandherde“, sagt der Kreisbrandmeister. Rund 350 Feuerwehrleute seien nach wie vor im Einsatz. Verstärkung aus Sachsen-Anhalt sei angefordert.

Lesen Sie auch: 30 Jahre nach dem Prozess gegen Erich Honecker: Warum es der Richter damals beklemmend fand, dem Ex-Staats- und Parteichef der DDR den Haftbefehl zu verkünden>>

Johanna (85) und Hannelore (81) sind zwei Einwohnerinnen, die Feuerwehr und Deutsches Rotes Kreuz aus ihren Häusern in Kölsa abgeholt haben. Sie haben die Nacht auf dunkelblauen Feldbetten mit roten Fleecedecken verbracht. „Ich bin 85 Jahre alt – aber so einen großen Brand habe ich noch nie erlebt“, sagt Johanna. „Fliegeralarm, das kennen wir noch, aber sowas nicht“, sagt ihre Bekannte Hannelore. Beide loben, dass sich die Helfer sehr gut um sie gekümmert hätten. „Wir wurden ordentlich versorgt.“

Nach kurzem Regen in der Nacht strahlt schon wieder die Sonne vom Himmel

Die beiden Frauen warteten am Dienstag, dass sie in ihre Häuser zurück können. „Wir wissen nicht, wie sich die Lage entwickelt“, sagt der Kreisbrandmeister. Viel hänge vom Wetter ab. Nach kurzem Regen in der Nacht strahlt schon wieder die Sonne vom Himmel. Südbrandenburg hat genau wie viele andere Teile Ostdeutschlands mit extremer Trockenheit zu kämpfen.

Feuerwehren in Brandenburg und Sachsen mit Hunderten Einsatzkräften kämpfen seit vielen Stunden gegen Wald-und Flächenbrände. Erschwert wird die Arbeit in Brandenburg durch munitionsbelastete Flächen. In Sachsen sollen Touristen betroffene Gebiete verlassen. Wind heizt die Brände an. Die Lage in den Waldbrandgebieten ist weiter sehr kritisch – die Feuer sind noch nicht unter Kontrolle. In Brandenburg brennt es auf einer Wald- und Wiesenfläche von 8,5 Quadratkilometern (850 Hektar) – fast 1200 Fußballfelder groß. Der Feuerwehrverband spricht vom größten Waldbrand in diesem Jahr in Brandenburg.

Jetzt lesen: Waldstück in Oregon angezündet: Anwohner stellen Brandstifter und fesseln ihn an einen Baum! >>

Verbrannte Baumstümpfe in einem Waldgebiet bei Falkenberg in Brandenburg.
Verbrannte Baumstümpfe in einem Waldgebiet bei Falkenberg in Brandenburg. dpa/Woitas

Bei Rehfeld im Brandenburger Elbe-Elster-Kreis unweit der sächsischen Grenze stemmen sich 350 Einsatzkräfte gegen ein großes Feuer auf Wald-und Wiesenflächen von 850 Hektar. Der Einsatz könnte mehrere Tage andauern, teilt der Verwaltungsstab mit. Sorge bereiten den Einsatzkräften aktuell angekündigte Windböen bis 60 Kilometer pro Stunde. „Alles steht und fällt mit der Wetterlage“, hatte Kreis-Sprecher Torsten Hoffgaard am Dienstagvormittag gesagt.

Feuer in Brandenburg: Sturmböen machen Löscharbeiten schwierig

Zwei Löschhubschrauber der Bundeswehr unterstützen die Feuerwehren aus der Luft, drei weitere wurden erwartet. Ein Hubschrauber der Polizei hilft bei der Lageerkundung. Die Löschhubschrauber entnehmen das Wasser aus einem nahegelegenen Badesee im Naherholungsgebiet Kiebitz, das Gewässer sei deshalb gesperrt worden, sagte der Kreissprecher. Die Hubschrauber können seinen Angaben nach pro Ladung jeweils 5000 Liter Wasser aufnehmen.

Löschhubschrauber der Bundeswehr helfen der Feuerwehr beim Löschen.
Löschhubschrauber der Bundeswehr helfen der Feuerwehr beim Löschen. dpa/Woitas

Bei allen Entwicklungen gibt es auch eine gute Nachricht: Im Landkreis Elbe-Elster können erste Anwohner in ihre Wohnungen zurück. Die Evakuierung der Orte Kölsa und Rehfeld wurde aufgehoben, wie der Landkreis mitteilte. Für die Ortschaft Kölsa-Siedlung blieb die Evakuierung aber zunächst bestehen. Die Löscharbeiten Richtung Gewerbegebiet Lönnewitz gehen unvermindert weiter. Bereits am Montag mussten Einwohner von Kölsa, Kölsa-Siedlung und Rehfeld ihre Häuser verlassen. Die Ortslagen gehören zu Falkenberg. Rund 300 Menschen wurden demnach in Sicherheit gebracht. Sie verbrachten die Nacht zum Teil in einer Notunterkunft im Haus des Gastes in Falkenberg.

Das Feuer hatte sich am Montag binnen kürzester Zeit ausgebreitet. Der Kreis stufte den Brand als Großschadenslage ein. Zudem brannte eine Ferkelzuchtanlage ab. Dabei könnten laut Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) nach einer ersten vorsichtigen Schätzung 1000 bis 2000 Tiere verendet sein. In der Nacht hatten die Flammen zudem einen ehemaligen Flugplatz erreicht, auf dem Gewerbehallen untergebracht sind. Die Feuerwehr kämpfte damit, das Gelände zu sichern.

Lesen Sie auch: Die Kaputt-Bäder von Berlin: Jedes fünfte Hallenbad ist dicht! Wo trotz Sommerhitze nicht gebadet werden kann, was Berlin neu plant>>

Die Brandfläche ist teilweise munitionsbelastet, auch deshalb ist das Löschen aus der Luft notwendig. Durch Detonationen im Boden seien neue Munitions-Verdachtsflächen entdeckt wurden, die noch gar nicht in Karten verzeichnet gewesen seien, berichtet Brandenburgs Innenminister vor Ort in Falkenberg. Einsatzkräfte können solche Flächen nicht betreten und nur von außen und aus der Luft löschen. Stübgen ging davon aus, dass die komplette Löschung des Großbrandes in Elbe-Elster noch Wochen dauern werde.

Die Brandursache war bisher unklar, der Ort des Ausbruchs südwestlich des Einsatzgebietes aber bekannt, so der Minister. Es sei auffällig, dass an dieser Stelle in den vergangenen Wochen mehrfach kleine Brände ausgebrochen seien. Genauere Erkenntnisse gebe es noch nicht.

Feuer in Brandenburg: Acht Einsatzkräfte verletzt

Der Landesfeuerwehrverband bezeichnete das Feuer als größten Waldbrand in diesem Jahr in Brandenburg. Vizepräsident Frank Kliem, sagte am Dienstag, die Situation sei auch besonders dramatisch, da Orte geräumt werden mussten und dies neben der Brandbekämpfung großen logistischen Aufwand bedeute. Zudem forderte er leichtere Schutzbekleidung für Feuerwehrkräfte – gerade für Einsätze bei großer Hitze. Die Einsatzkleidung sei in der Regel zur Bekämpfung von Wohnungsbränden ausgelegt. „Bei Hitze ist diese Kleidung viel zu schwer.“ Am Montag war es in Brandenburg über 30 Grad heiß.

Bei den Löscharbeiten wurden nach Angaben des Innenministeriums acht Feuerwehrleute verletzt. Vier mussten mit einer Rauchgasvergiftung im Krankenhaus behandelt werden. Anwohner wurden demnach nicht verletzt.

Falkenberg: Brennende Bäume blockieren den Weg während eines Waldbrandes.
Falkenberg: Brennende Bäume blockieren den Weg während eines Waldbrandes. dpa/Woitas

Im Kampf gegen die Flammen dürfte das Wetter am Dienstag keine große Hilfe sein. Zwar sei am Nachmittag lokal mit Schauern zu rechnen, doch es sei unklar, ob diese auch das betroffene Waldgebiet erreichen, sagte eine Sprecherin des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Zudem werde nur ein geringer Niederschlag erwartet. Vor allem in Schauernähe sei mit Windböen von bis zu 60 Stundenkilometern zu rechnen, die das Feuer weiter entfachen könnten. „Wind ist in diesem Fall leider immer schlecht“, sagte die Sprecherin weiter.

Jetzt lesen: Urlaubsdrama am Gardasee: Mann rettet seinen Sohn vor dem Ertrinken – und geht dann unter! >>

Die Deutsche Bahn hat wegen des Waldbrands im brandenburgischen Landkreis Elbe-Elster den Bahnverkehr zwischen Leipzig und Cottbus unterbrochen. Betroffen sei der Abschnitt zwischen Torgau und Falkenberg (Elster) der Linie RE10, sagte ein Bahnsprecher. Die Haltestellen entfallen, weil die Feuerwehr dort wegen eines Böschungsbrands im Einsatz sei. Ersatzweise sollten Busse zwischen Falkenberg (Elster) und Torgau fahren. Nach Angaben des Sprechers sollte der Zugverkehr bis in die Mittagsstunden hinein unterbrochen bleiben.

Im Nationalpark Sächsische Schweiz hat sich inzwischen die Zahl der Einsatzstellen rund um den Großen Winterberg nach Angaben des Landratsamtssprechers von drei auf fünf erhöht. Zur genauen Fläche, die in dem unwegsamen, felsigen Gebiet in Flammen steht, konnte er keine Angaben machen. Derzeit seien 254 Feuerwehrleute und Kräfte der Bundes- und Landespolizei im Einsatz. Zur Brandbekämpfung seien auch zwei Wasserwerfer mit jeweils 10.000 Litern Fassungsvermögen und zwei Hubschrauber vor Ort. Die Wasserversorgung erfolge etwa von der Elbe. Auch vier Hubschrauber der Bundeswehr sollten unterstützen.

Lesen Sie auch: Protest gegen Weiterbau der A100: Konzert auf der Stadt-Autobahn soll Berufsverkehr lahmlegen>>

Das Feuer hatte am Montag vom Nationalpark Böhmische Schweiz in Tschechien auf den Nationalpark Sächsische Schweiz übergegriffen. Touristen wurden dringend aufgefordert, den Bereich Hintere Sächsische Schweiz zu meiden, es bestehe Gefahr für Leib und Leben, teilte das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge am Dienstag mit. Bereits am Montag waren 70 Kinder, die sich in einem Ferienlager in Ceska Kamenice befanden, in Bad Schandau untergebracht worden. Sie werden von den Johannitern Pirna betreut und versorgt. Sie können im Laufe des Dienstags in ihre Heimat zurückkehren.

In Tschechien hat sich unterdessen die Lage bei dem Waldbrand im Nationalpark Böhmische Schweiz nahe der Grenze zu Sachsen dramatisch zugespitzt. Mehr als 400 Feuerwehrleute kämpften am Dienstag auf tschechischer Seite gegen die Flammen, wie ein Sprecher mitteilte. Sie wurden von Polizei- und Armeehubschraubern unterstützt.