Blutbad im syrischen Bürgerkrieg: Täter in Berlin zu lebenslanger Haft verurteilt
Ein syrischer Palästinenser (55) wurde wegen vierfachen Mordes und Kriegsverbrechen in Damaskus vom Kammergericht zu lebenslanger Haft verurteilt

Es war ein Massaker in Damaskus, das jetzt in Berlin gesühnt wurde. Das Kammergericht verurteilte einen syrischen Palästinenser wegen eines Kriegsverbrechens und Mordes im syrischen Bürgerkrieg zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Dabei wurde auch die besondere Schwere der Schuld festgestellt, was eine Haftentlassung nach 15 Jahren praktisch ausschließt.
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Der für Staatsschutzsachen zuständige 2. Strafsenat des Kammergerichts stellte in seinem Urteil am Donnerstag fest: Der heute 55 Jahre alte Moafak D. ist eines besonders schweren Kriegsverbrechens, Mord in vier Fällen, versuchten Mordes in zwei Fällen sowie weiterer Verbrechen schuldig.
Überlebende Opfer sagten im Prozess gegen den Angeklagten aus
Am 23. März 2014 habe der Angeklagte in Damaskus aus einer Panzerabwehrwaffe eine Granate in eine Menschenmenge abgefeuert und das Blutbad verursacht. Bei dem Verfahren hatten auch zwei damals schwer verletzte Menschen als Zeugen ausgesagt.

Die Tat ereignete sich im Stadtviertel Al Yarmouk, einem ehemaligen palästinensischen Flüchtlingslager, das in diesem Bereich von Milizen kontrolliert worden sei, die dem Machthaber Baschar al-Assad im Bürgerkrieg zur Seite standen.
Der Angeklagte, der bis zu seiner Inhaftierung im August 2022 als anerkannter Flüchtling in Berlin gelebt hat, habe damals im Auftrag einer palästinensischen Gruppierung einen Kontrollpunkt befehligt. An diesem Tage sei es zudem seine Aufgabe gewesen, die Verteilung von Lebensmittelpaketen durch das „Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten“ (UNRWA) zu beaufsichtigen.
Er schoss eine Granate auf Frauen und Kinder ab
Als sich eine größere Gruppe Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder, angesammelt habe, um auf die Ausgabe der Hilfslieferungen zu warten, habe der Angeklagte laut Gericht unvermittelt in die Menge gefeuert.
Zum Motiv des Angeklagten stellte das Gericht fest: Es war Rache. Er sei wütend gewesen, dass sein 25-jähriger Neffe zwei Tage zuvor bei einem Gefecht mit Regimegegnern der „Freien Syrischen Armee“ ums Leben gekommen war. Deshalb habe er an der Zivilbevölkerung des umkämpften Viertels Vergeltung üben wollen.
Dies wertete der 2. Strafsenat als besonders niedrigen Beweggrund und damit als Mordmerkmal. Auch der Einsatz des als gemeingefährliches Mittel bewerteten Granatwerfer ist ein solches Merkmal.

Durch die Verwendung dieser Waffe habe er darüber hinaus in Tateinheit mit dem Angriff mit militärischen Mitteln gegen die Zivilbevölkerung ein besonders schweres Kriegsverbrechen im Sinne des Völkerstrafgesetzbuchs begangen.
Neben der Verhängung der bei Mord gesetzlich vorgesehenen lebenslangen Freiheitsstrafe stellte der Senat die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten fest.
Der Angeklagte kommt nicht nach 15 Jahren frei
Dies bedeutet, dass der Angeklagte nicht nach der Verbüßung der Mindesthaftdauer von 15 Jahren auf Bewährung entlassen werden könnte. Es würde erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, wie viele Jahre der Angeklagte tatsächlich verbüßen muss, bevor die Aussetzung seiner Reststrafe zur Bewährung überhaupt geprüft werden kann.
Die Vorsitzende des Senats begründete die Anordnung der besonderen Schwere der Schuld mit der Anzahl der Todesopfer und der Ausnutzung der katastrophalen humanitären Zustände in dem Viertel zur Tatzeit. Die Opfer seien dem Angeklagten auf der Suche nach Lebensmitteln schutzlos ausgeliefert gewesen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte bleibt weiter in Untersuchungshaft.