Clan-Männer vor Gericht

Blut-Weihnachten in Kreuzberg: Wie kam es zur Ballerei im Hinterhof?

Ali A.-Ch. (48) und Abas C. (43) wird schwere räuberische Erpressung vorgeworfen.

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Die Angeklagten wollten ihre Gesichter nicht zeigen, versteckten sich vor Gericht hinter Heftern.
Die Angeklagten wollten ihre Gesichter nicht zeigen, versteckten sich vor Gericht hinter Heftern.Pressefoto Wagner

Poker-Schulden, Pistolen, eine wilde Schießerei mit Verletzten: Szenen wie aus einem Mafia-Streifen. Zwei Männer aus dem Clan-Milieu nun vor Gericht.

Sie sehen sich als Opfer: Ali A.-Ch. (48) aus der Haft vorgeführt, als freier Mann kam Abas C. (43). Beide waren bei der Ballerei in einem Hinterhof in der Stresemannstraße schwer verletzt worden. Die Schüsse sollen durch Zoff ausgelöst worden sein. A.-Ch. und C. wird nun versuchte schwere räuberische Erpressung vorgeworfen. Wegen Beihilfe mitangeklagt: Nathalie B. (30).

Zur Ballerei im Hinterhof kam es in der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag

Die Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag 2020. In einer Keller-Spielhölle sollen die Clan-Männer und der inzwischen in die Türkei abgeschobene Veysel K. den Italiener Oliviero „Toni“ V. (32) bedroht und erst 4000 Euro, dann 10.000 Euro verlangt haben – angebliche Spielschulden nach einer früheren Pokerrunde.

Mit einer Machete sei Ali A.-Ch. bewaffnet gewesen, K. mit einer Pistole, C. mit Pfefferspray. Dem Italiener sei eine „Kugel“ angedroht worden. Die Anklage: „Sie hielten ihm die Waffen vor.“ Zur Zahlung sei es nicht gekommen.

Kurz darauf war es Toni, der eine Knarre zog und die drei Männer aus dem Clan-Milieu niederschoss. 13 Kugeln. Dann wurde auch er getroffen, konnte zunächst fliehen, wurde dann von einem Polizisten aus dem Landwehrkanal gefischt. Erster Prozess um die Schießerei vor zwei Jahren. Schütze V. ist angeklagt. Er berief sich auf Notwehr: „Ali stand vor mir mit einer Machete.“

A.-Ch. habe gedroht: „Denkst du, du kannst dich vor mir verstecken?“ Einer der Männer um A.-Ch. habe ihm eine Knarre vors Gesicht gehalten. Version des Italieners: Sie hätten gedroht, ihm die Hände abzuschneiden, ihn in den Kofferraum zu sperren. V.: „Als die Drohung kam, wir nehmen dich mit, wusste ich, dass ich das nicht überleben würde.“ Da habe er geschossen. V. in seinem Prozess: „Sie ließen mir keine andere Wahl.“ Der Schütze kam mit vier Jahren und neun Monaten Haft wegen versuchten Totschlags davon.

Nur die Schüsse auf C. führten zur Verurteilung. Bei den anderen Kugeln könnte V. „in entschuldigendem Notstand“ gehandelt haben, so das Gericht. Ali A.-Ch. mal wieder vor Gericht. Auf bereits mehr als 20 Einträge soll sein Strafregister bei der Justiz angewachsen sein. Er ist der ältere Bruder von Arafat A.-Ch. (47), der als Clan-Chef gilt. Die Entscheidung im Fall von Oliviero V. kann Ali A.-Ch. nicht verstehen: „Ich bekam zwei Kugeln in den Rücken!“ Als Opfer sieht er sich auch mit Blick auf die Anklage: „Ich habe ihn nicht bedroht, wir hatten geredet und uns geeinigt, wir gaben uns dann die Hand.“

Und die Machete? „War nicht das Klügste, dass ich sie mitnahm“

Die angeblichen Schulden? „Toni und ich hatten ein Spiel veranstaltet, er verlor, hatte Schulden bei anderen Leuten.“ Als er zufällig erfahren habe, dass Toni trotz Schulden wieder am Pokertisch saß, habe er mit ihm reden wollen. Die Machete? „War nicht das Klügste, dass ich sie mitnahm, sie stand auf meinem Sideboard, sah gut aus.“ C. und B. hätten nichts gewusst von dem Gespräch mit dem Italiener. Fortsetzung: Montag.