Micha, Andreas und Michael (v.l.) haben sich seit Oktober nicht mehr gesehen. Nun feiern sie den Geburtstag von Michael.<br>
Micha, Andreas und Michael (v.l.) haben sich seit Oktober nicht mehr gesehen. Nun feiern sie den Geburtstag von Michael.
Benjamin Pritzkuleit

Was sein muss, muss sein. Auch wenn der Himmel gerade seine Schleusen öffnet und ein Donnergrollen zu hören ist. Aber Herrentag ist Herrentag. „Da ist das Wetter doch Wurscht“, sagt Oliver Metz. Er hat sein Fahrrad an einen Baum gestellt und sich die Tischtennisplatte im Treptower Park ausgesucht. Dort baut er für seine Kollegen, die jeden Moment kommen müssen, das Büfett auf, wie er sagt. Acht Büchsen Bier und mehrere kleine Flaschen Magenbitter wechseln von der Fahrradtasche auf die Steinplatte. Metz trägt wasserdichte Kleidung. Ihn störe der Regen nicht, versichert er. Am nahen Ufer der Spree liegen die Fahrgastschiffe noch immer vertäut – tief im Corona-Schlaf.

Es ist Donnerstagmittag, in Berlin gelten wegen der Corona-Epidemie immer noch die Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen. Aber es ist auch Himmelfahrt – der Tag, an dem sich viele Männer Jahr für Jahr auf ihre Fahrräder schwingen, um biertrinkend ins Grüne zu fahren. Oliver Metz ist Angestellter, er hat seine Kollegen wegen Homeoffice schon lange nicht mehr gesehen. Metz hofft, dass sie heute zu fünft sein werden. „Ein bisschen zusammenstehen, quatschen und etwas trinken, darauf haben wir uns alle gefreut“, sagt er. Der starke Regen werde ihnen keinen Strich durch die Rechnung machen. Voll werde es aber im Treptower Park bei so einem Wetter bestimmt nicht, prophezeit Metz.

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Als sich am vorigen Wochenende der Sommer kurz mal blicken ließ in Berlin, da war der Park voller Menschen, am Ufer kaum noch Platz für eine Decke zu finden. Nun aber wirkt selbst der Parkplatz, sonst an freien Tagen bis auf den letzten Meter ausgebucht, sehr verlassen. Auf der Uferpromenade treffen ein paar hartgesottene Jogger und ebenso wetterfeste Paare mit Regenschirmen aufeinander.

Freunde sahen sich im Oktober zum letzten Mal

Doch am Hafen mit seinen Imbissbuden und der Fischräucherei mehren sich zunehmend Feiernde. Micha steht an den überdachten und geschlossenen Ticketschaltern der Stern und Kreisschifffahrt. Er wartet auf zwei Freunde, mit denen er Geburtstag feiern will. Eine Viertelstunde später stoßen sie mit Dosenbier an, dass Micha zur Feier seines 54. Geburtstages mitgebracht hat – und mit Marillenschnaps. Ende Oktober haben sie sich das letzte Mal „live“ gesehen, wie das Geburtstagskind erzählt. Das sei in einer Sushi-Bar gewesen. Seitdem habe man nur miteinander telefoniert. „Wir haben uns an die Corona-Regeln gehalten“, sagt Micha.

Der Regen lässt nach. Die drei Männer verlassen ihr trockenes Plätzchen, schlendern an den Buden vorbei, in denen an diesem Tag vorrangig Bierflaschen über den Tresen gehen. Ihr Ziel ist die Insel der Freundschaft. Mittlerweile sind mehrere Fahrradgruppen, vom Bahnhof kommend, in Richtung Insel unterwegs. Ohne Bollerwagen, dafür mit Fliederzweigen am Lenker. Vor dem Bistro Kladderadatsch haben sich drei Radler mit ihrer Musikbox untergestellt. Sie warten auf besseres Wetter, sagt einer von ihnen. Wenn der dunkelgraue Himmel nicht endlich die Farbe wechsle, werde man einfach hier weiter trinken.

Steffi, Michaela und Tatjana machen aus dem Herren- einen Frauentag.
Steffi, Michaela und Tatjana machen aus dem Herren- einen Frauentag. Benjamin Pritzkuleit

Doch der Tag ist nicht allein den Herren vorbehalten. Direkt am Wasser begehen drei junge Frauen nach eigenen Worten ihren Frauentag. „Wir machen Picknick im Regen“, sagt Steffi. Die 30-Jährige erzählt, dass sie sich mit ihren langjährigen Freundinnen schon vor einer Woche verabredet habe. Es gibt Sekt, Milchreis mit Apfelmus, gekochte Eier, Kekse, Obst und Gemüse. „Damit halten wir mit Schirmen noch eine Weile durch“, sagt ihre zwei Jahre ältere Freundin Michaela.

Polizei vermeldet null Vorkommnisse

Polizisten oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind im Park nicht zu sehen. Auch nicht am Biergarten des Ausflugslokals Rübezahl am Müggelsee. Dorthin hat es trotz des miesen Wetters viele Männer, aber auch Familien mit kleinen Kindern verschlagen. An einem Stand gibt es Fassbier, alkoholfreie Getränke, Kaffee und Bratwurst. Die Sitzbänke sind abgesperrt. Aber das stört die meisten nicht. „Wir nehmen hier nur ein Bier auf die Hand“, sagt einer der Radfahrer. Schließlich wolle man noch ein paar Kilometer schaffen.

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Die Polizei hatte mit dem sonst so alkoholfreudigen Feiertag diesmal wenig zu tun. „Bisher wurden uns null Vorfälle gemeldet“, sagte eine Sprecherin am frühen Nachmittag der Deutschen Presse-Agentur.