Bedingungsloses Grundeinkommen
Jetzt aber schnell: 1200 Euro im Monat ohne Arbeit
Bewerbungsfrist für eine Studie, deren Teilnehmer das Geld bekommen, endet bald

1200 Euro extra im Monat, drei Jahre lang, und nicht mehr dafür tun als alle halbe Jahre eine Online-Befragung von 25 Minuten mitmachen: Noch ist das möglich. Bis 23.59 Uhr am 10. November kann man sich online darum bewerben. Mitmachen kann jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist und seinen ersten Wohnsitz in Deutschland hat. Unabhängig davon, ob er Geld verdient oder nicht.
Die Chancen, vom Frühjahr 2021 an einer von zunächst 120 Empfängern eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) zu werden, ist höher als ein Lotto-Hauptgewinn. Obwohl sich seit August bereits 2,03 Millionen Menschen beworben haben.
Das Angebot stammt von einem Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. In Zusammenarbeit mit dem Verein „Mein Grundeinkommen“, dem Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern und der Universität Köln soll in einer Studie herausgefunden werden, welche Auswirkungen es hat, wenn jemand eine Art Gehalt bekommt, ohne dafür zu arbeiten. Das könnte bei der Entscheidung helfen, ob irgendwann jeder Deutsche das Geld vom Staat erhält - aus Steuermitteln.
Der Betrag von 1200 Euro wurde ausgewählt, weil er ein wenig über dem Betrag liegt, unterhalb dem man in Deutschland statistisch als armutsgefährdet gilt.
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Das Geld für die 120 Teilnehmer wurde von rund 150.000 privaten Spendern aufgebracht.

Foto: DIW
Geleitet wird das Vorhaben vom Soziologen Jürgen Schupp, Abteilungsleiter beim DIW und Professor an der Freien Universität. Außerdem beteiligt ist ein weiterer Soziologe, ein Ökonom und eine Psychologin. Sie wollen in der drei Jahre andauernden Studie herausfinden, ob und wie das BGE sich auf die Empfänger auswirkt.
Werden sie aktiver, nehmen sie mehr am gesellschaftlichen Leben teil, wird der Anreiz, arbeiten zu gehen, kleiner, wächst er oder bleibt er gleich? Neben Effekten auf dem Arbeitsmarkt sollen die psychologische und gesundheitliche Wirkung sowie die Auswirkung auf Einstellungen und Verhalten gemessen werden.
Bisherige Studien seien zu kurz gewesen, heißt es vom DIW, eine große Studie in Kanada liegt fast 50 Jahre zurück. Ein laufendes Projekt in Kenia, einem Entwicklungsland, könne keine Aussagen für Deutschland ermöglichen.
Ein Versuch in Finnland lieferte ein zwiespältiges Ergebnis. Dort bekamen 2000 Langzeitarbeitslose 2017 und 2018 jeweils 560 Euro pro Monat. Die Ergebnisse: Es ging den Empfängern psychisch und gesundheitlich besser, einen festen Job aber hatten nur sehr wenige, obwohl sie sich weniger mit der Bürokratie herumschlagen mussten und motiviert werden sollten, sich Arbeit zu suchen.
Achtung, Kleingedrucktes!
Wer sich jetzt noch für die DIW-Studie bewerben will, sollte jedoch auch das „Kleingedruckte“ lesen: Wer staatliche Unterstützung wie Grundsicherung oder Hartz-IV erhält, muss damit rechnen, dass die Auszahlungen des Pilotprojekts darauf angerechnet werden. Auswirkungen auf die Einkommenssteuer, so sagen es die Verantwortlichen der Studie, hätte ihr BGE nicht, weil es als Schenkung gilt.
Wer teilnimmt, muss sich außerdem verpflichten, darüber in sozialen Medien und gegenüber der Presse Stillschweigen zu bewahren. Um keine Absprachen zu ermöglichen, bleiben die Fragen der halbjährlichen Online-Befragungen vorher unter Verschluss.
Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die 120 BGE-Empfänger noch um Haarproben gebeten werden, erklärt Jürgen Schupp. Die Untersuchung von Haaren kann einen Vergleich ermöglichen, in wie weit die subjektiv geprägten Auskünfte der Probanden über ihre Stress-Situation mit einer biometrischen Untersuchung übereinstimmen: „Im Haar des Menschen sammelt sich ein Stress-Hormon.“
Insgesamt werden 1500 Menschen an der Studie teilnehmen – 120 bekommen das Geld, 1380 werden als „statistische Zwillinge“ geführt und müssen die gleichen Fragebögen ausfüllen wie die BGE-Empfänger. So soll die Entwicklung der Lebenssituation vergleichbar werden. Die „Zwillinge“ erhalten 90 Euro, wenn sie wie die BGE-Empfänger an allen Online-Befragungen teilgenommen haben.
Auskünfte werden anonymisiert
Die 1500 Teilnehmer werden in einem komplexen Verfahren aus den Bewerbern ausgewählt, um ein breites Spektrum der deutschen Bevölkerung in der Studie zu erfassen. Dafür werden aus den Bewerbern zunächst 20.000 ausgesucht und detaillierter über ihre Lebensumstände befragt als bei der Bewerbung, wo unter anderem nach Bildungsabschlüssen und Beschäftigung gefragt wird.
Erst dann wird feststehen, wer mitmachen wird. Alle Daten, so heißt es beim DIW, würden ihnen vom Befragungsinstitut „pollytix“ anonymisiert zugehen.
Das Bedingungslose Grundeinkommen für jedermann ist seit Jahren im Gespräch. Gegenwärtig wird im Petitionsausschuss des Bundestags über eine Petition beraten, die 176.000 Unterschriften bekommen hatte, und ein BGE als Antwort auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise fordert. Unterstützt wird die Petition von der Initiative „Mein Grundeinkommen“, die an der Studie beteiligt ist, und von „Expedition Grundeinkommen“. „Mein Grundeinkommen“ hat bereits jahrelange Erfahrungen mit spendenfinanziertem BGE: Der Verein verlost regelmäßig 1000 Euro pro Monat für ein Jahr, hat damit bereits 669 Menschen finanziell unterstützt.
Die Idee stößt aber auch auf Skepsis: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hält sie für unbezahlbar, ein BGE würde auch die Renten- und Arbeitslosenversicherung gefährden. Andere Politiker fragen sich, ob es nötig sei, auch Millionären dieses Geld aus der Steuerkasse zu überweisen.