Lichtenbergs Ex-Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) spricht bei einem  Richtfest. Es soll bis Herbst 2026 rund 400.000 Euro bekommen. Arbeiten muss er dafür nicht.
Lichtenbergs Ex-Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) spricht bei einem  Richtfest. Es soll bis Herbst 2026 rund 400.000 Euro bekommen. Arbeiten muss er dafür nicht.  Bernd von Jutrczenka/dpa

Nach der Neuwahl in Berlin werden Spitzenbeamten, die abberufen werden, bis zum Ende der Legislaturperiode 2026 weiter bezahlt. Und zwar in voller Höhe. Die Besoldungsstufen B6 beziehungsweise B4 bedeuten 9994,91 Euro im Monat für Bürgermeister sowie 8893,89 Euro für Stadträte. Arbeiten müssen die Beamten für den Sold nicht.

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Bei der Sitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag, bei der über diese Regelung abgestimmt wurde, stimmten CDU, SPD, Grüne und Linke für die gesetzliche Regelung, die AfD stimmte dagegen.

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AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker kritisierte, das Gesetz erlaube es, die betreffenden Bezirksamtsmitglieder bei voller Bezahlung in den Urlaub zu schicken. „Den Steuerzahler wird diese Regelung ein Vermögen kosten“, so die AfD-Politikerin. „Sie bedienen sich schamlos an Steuermitteln.“ Diese Regelung führe zu mehr Politikverdrossenheit.

Gewählt ist gewählt, auch bei einer Neuwahl

Für die Linke hielt Stefan Zillich dagegen und warf Brinker Populismus vor. Die Rechtslage sei relativ klar: „Die gewählten Bezirksamtsmitglieder sind bis Ende der Wahlperiode im Amt“, sagte er. „Das Ergebnis der Wiederholungswahl hat darauf keinen Einfluss.“ Gleichzeitig sei es notwendig, die neuen Mehrheitsverhältnisse abzubilden. „Deswegen haben wir diesen Weg gefunden. Wir ermöglichen die Neuwahl und stellen die bisherigen Amtsinhaber frei.“

Einer, den die neue Regelung betrifft, ist Lichtenbergs Ex-Bürgermeister Michael Grunst. Der Fall Grunst ist speziell, schreibt die Berliner Zeitung. Der Linken stehe in Lichtenberg einer der nach dem Wahlergebnis paritätisch vergebenen Stadtratsposten zu, Grunst hatte ersten Zugriff. Erst am Wochenende habe er sich entschieden, nicht zuzugreifen, sagte er der Berliner Zeitung. Grunst kann sich eine Zusammenarbeit unter den Bedingungen der Zählgemeinschaft nicht vorstellen, sein Verhältnis zur SPD im Bezirk gilt als belastet.

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Michael Grunst hat, wie auch die anderen Stadträte und Bezirksbürgermeister, ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst. Ein neuer Job in der Verwaltung würde auf die Vergütung von den ihm zustehenden 400.000 Euro bis Herbst 2026 angerechnet. Einen Zwang schnell einen neuen Posten anzutreten gibt es aber nicht. Die abgewählten Volksvertreter fallen also sehr weich.

Im Gespräch mit der Berliner Zeitung sagt Michael Grunst, er habe sich noch nicht entschieden, wie es weitergehe. Nur eines sei sicher: „Ich bin gerade 53 Jahre alt geworden. Das ist kein Alter zum Spazierengehen.“

Keine goldenen Handschläge

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Torsten Schneider betonte: „Es geht hier nicht darum, goldene Handschläge zu verteilen. Es geht hier um eine Rechtsabwägung, aber auch um eine menschliche Komponente.“ Schneiders CDU-Kollege Heiko Melzer begrüßte, dass mit der Regelung eine Gesetzeslücke geschlossen werde, räumte aber ein: „Es wäre besser gewesen, das vor der Wahl bereits zu klären.“

Die Grünen-Abgeordnete Silke Gebel teilte diese Selbstkritik: „Ja, es hätte diese Regelung schon früher geben müssen“, sagte sie. „Da können wir uns alle an die Nase fassen, dass wir das in diesem Vorwahlkampf nicht hinbekommen haben.“

SPD verlor Posten

Die Mehrheitsverhältnisse in den Bezirksparlamenten haben sich durch die Wiederholungswahl zum Teil erheblich verändert. Wie bei der Abgeordnetenhauswahl hat die CDU in vielen Bezirken zugelegt. Die SPD verlor hingegen in allen Bezirksverordnetenversammlungen Stimmen und ist in keinem Bezirksparlament mehr stärkste Kraft.

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In den zwölf Berliner Bezirken bilden jeweils ein Bürgermeister und fünf Stadträte das Bezirksamt. Bei der Besetzung kommen mehrere Parteien zum Zug, nicht nur die, die im Bezirksparlament eine Zählgemeinschaft genannte Koalition bilden. Vorgeschlagen werden die Mitglieder des Bezirksamts von den Fraktionen in den jeweiligen Parlamenten.