Berlins Rettungswagen-Lücken sollten gestopft werden. Das ging schief
Berlins Feuerwehr probierte aus, ob Schichtwechsel zu verschiedenen Zeiten zu mehr verfügbaren Rettungswagen führen. Jetzt wird der Versuch erfolglos beendet.

Es erschien rätselhaft: Fast täglich sackte die Zahl der verfügbaren Rettungswagen der Berliner Feuerwehr so etwa gegen 18.30 Uhr zusammen, etwas weniger ausgeprägt um 6.30 Uhr herum. Das lag offenkundig am Schichtwechsel: Nach zwölf Stunden Dienst ohne Anspruch auf eine Pause wollen Feuerwehrleute in den Feierabend um 19 beziehungsweise um 7 Uhr. Deshalb meldeten sie sich kurz davor nicht einsatzbereit, sei es, weil sie noch jemanden im Krankenhaus ablieferten, auf dem Rückmarsch in die Wache waren, oder dass sie das Fahrzeug putzten. Der Versuch, das Problem mit „versetzten Ablösezeiten“ zu entschärfen, ist jetzt gescheitert.
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So berichtet es die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG), am 5. Dezember ist Schluss mit dem Versuch. Danach sollten die Retter abends an benachbarten Wachen nicht alle auf einmal, sondern um 18.30, 19 und 19.30 Uhr Feierabend machen. Morgens blieb es bei 7 Uhr bleiben. Die unterschiedlichen Ablösezeiten sollten statt einer großen „Delle“ bei der Verfügbarkeit von Rettungswagen zu zwei bis drei kleinen führen, sagte DFeuG-Sprecher Manuel Barth.
Pilotprojekt hatte gut funktioniert, aber die Umsetzung bei der gesamten Feuerwehr ging in die Grütze
Die DFeuG macht die grundsätzlich viel zu hohe Belastung und eine schlechte Kommunikation der Feuerwehrführung mit verantwortlich, dass der Versuch schief ging, nachdem ein auch von der DFeuG begrüßtes Pilotprojekt vom 3. Januar bis 1. April 2022 in den Wachen Marzahn, Hellersdorf, Lichtenberg und Karlshorst gut geklappt hatte. Der landesweite Versuch hatte sich angeschlossen.
Die Behördenleitung habe zu kurzfristig angekündigt, was kommen soll, keine klare Weisung erteilt, und aus unerfindlichen Gründen andere Ablösezeiten als beim Pilotprojekt in den vier genannten Wachen angesetzt. DFeuG-Sprecher Barth: „Erst sollte morgens um 6., 6.30 und 7 Uhr abgelöst werden, entsprechend abends um 18, 18.30 und 19 Uhr, was zu Protesten der Kolleginnen und Kollegen führte.“ 6 Uhr sei ihnen einfach zu früh gewesen, weil beispielsweise der Kindergarten noch nicht offen ist.
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Einige Feuerwachen nahmen nicht am landesweiten Versuch mit versetzten Ablösezeiten teil
Um den Probebetrieb zu retten, sei abends alles um eine halbe Stunde weitergeschoben worden, und für den Morgen waren gar keine versetzten Ablösezeiten mehr vorgesehen, heißt es von der Gewerkschaft. Wegen all dieser Vorgänge nahmen wohl einige Wachen nicht wirklich an diesem Probebetrieb teil. Deshalb ist Schluss damit.
Ein Insider sagt, das liege daran, dass viele Feuerwehrleute wegen ständiger Überlastung inzwischen die Nase voll haben und deshalb jedweder Änderung der Abläufe ablehnend gegenüberstehen.
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Einen Tag nach der Bitte des KURIER um Stellungnahme lieferte die Feuerwehrführung diese Sätze:
„Die versetzten Ablösezeiten wurden als Probebetrieb im Jahr 2022 in Zusammenarbeit mehrerer Fachabteilungen, dem Einsatzbetrieb sowie den Beschäftigtenvertretungen initiiert. Ziel war es herauszufinden, ob Standortweise zeitlich versetzte Dienstantritte zu einer stadtweit besseren Einsatzmittelverfügbarkeit beitragen würden. Im Ergebnis war festzustellen, dass diese grundsätzlich fruchten, allerdings bedingen vorherige Effekte die Wirksamkeit von versetzten Ablösezeiten. Ohne eine grundsätzlich und stadtweit höhere Funktionsstärke führt die Beibehaltung des Probebetriebes der versetzten Ablösezeiten zu einer Mehrbelastung der Einsatzkräfte. Aus diesem Grund erfolgte die vorübergehende Beendigung. Parallel wird die Verstetigung in der Dienstplanung über sogenannte Partnerwachen, welche ebenfalls Teil des Probebetriebes waren, fortgesetzt und manifestiert.“
Die Nachfrage des KURIER, diese Sätze zu erläutern und mitzuteilen, was denn beispielsweise „vorherige Effekte“ seien und was der letzte Satz bedeutet, blieb ohne Reaktion.