David spielt wieder unterirdisch - im U-Bahnhof Hallesches Tor im Tunnel zur U3. Seit heute gelten die Genehmigungen der BVG für das Musizieren auf Berliner U-Bahnhöfen.
David spielt wieder unterirdisch - im U-Bahnhof Hallesches Tor im Tunnel zur U3. Seit heute gelten die Genehmigungen der BVG für das Musizieren auf Berliner U-Bahnhöfen. Gerd Engelsmann

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich habe erst gemerkt, wie sehr ich sie vermisst hatte, als heute Morgen endlich wieder Töne durch den Tunnel flogen. Am Halleschen Tor schleicht sich ein Lächeln in die Mundwinkel, wird zum Grinsen. Zwei Männer bleiben mit mir stehen und machen ein Foto von dem Mann, der da schon vor neun Uhr steht und seine grünen Flaschen behämmert. Mozarts Türkischer Marsch, ich kann mir nicht helfen und pfeife mit.

Corona nahm Musikern den Job in den Bahnhöfen 

Berlins Untergrund ist drei Jahre lang ohne Musik gewesen. Seit heute werden die Stellgenehmigungen für Musikanten in den Tunnels der BVG und auf in den Bahnhofshallen wieder vergeben.

Meine Suche nach dem ersten, der die Berliner unter Tage, zwischen Kacheln und Kaffee to go mit Musik begrüßt, beginnt am Bahnhof Jannowitzbrücke.

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Straßenmusiker auf dem Winterfeldplatz in Berlin. 
Straßenmusiker auf dem Winterfeldplatz in Berlin.  BK/Markus Wächter

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Hier werden ab heute wieder täglich Musikgenehmigungen ausgegeben. Drei Jahre lang war das Spielen in den BVG-Kathedralen mit der unverwechselbaren Akustik verboten. Maskenpflicht und Abstandsgebot während der Corona-Jahre haben den Musikern den Stecker gezogen. Dass sie nun wieder vor ihr Publikum auf dem Weg zur Arbeit oder zum Sightseeing treten dürfen, hat sich noch nicht ganz herumgesprochen. Gerade mal vier Musiker sind an diesem Morgen zum BVG-Kundenbüro gekommen.

Musiker-Job in Berlin: Spielen bis der Zug kommt 

Hier zahlen sie zehn Euro pro Tag für einen der 38 Standorte in der ganzen Stadt. Die beliebtesten wie am Alexanderplatz, Stadtmitte, oder am Rathaus Steglitz sind normalerweise schnell ausgebucht. Auch jetzt sind auf der Liste, die im BVG-Büro aushängt, schon Kreuze an diesen Stationen eingetragen. Drei von den ersten Musikern wollen aber erst morgen starten. „Wollen Sie einen der Musiker treffen?“, fragt der Mann hinter der Scheibe, „dann müssen Sie zum Halleschen Tor.“

Musik-Tradition in Berlin seit 1987

Konzertmöglichkeiten an Berliner Bahnhöfen haben eine Tradition, die bis ins Jahr 1987 zurückreicht, erklärt der Mann noch. Das damals zur 750-Jahr-Feier der Stadt eingeführte Angebot sei ein Dauerbrenner geworden.

Ein einsamer Straßenmusiker im U-Bahnhof Stadtmitte.
Ein einsamer Straßenmusiker im U-Bahnhof Stadtmitte. Sebastian Wells/OSTKREUZ

Am Halleschen Tor höre ich ihn tatsächlich  schon von weiten, als ich aus der U3 steige. Im Gang zur U6 hat David sein Instrument aufgebaut. Ein Flaschen-Xylophon, wie der 49-Jähige mir erklärt. Mit unterschiedlich viel Salzwasser gefüllt ( damit man auch bei Minusgraden draußen spielen kann), erklingt ein jeweils anderer Ton, wenn er mit dem Schläger auf die Fläschchen tippt. In atemberaubender Geschwindigkeit geschieht das.

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David ist Berufsmusiker, normalerweise spielt er mit der Band GlasBlasSing Konzerte. Der Februar ist ein bisschen mau, deswegen ist er heute hier als erster nach drei Jahren Pause unterwegs. Während der Corona-Zeit hat die Band Internetauftritte gespielt. Heute hat er Heizsohlen in den Schuhen, gegen die Kälte von unten. Sechs bis acht Stunden dauert seine Schicht normalerweise. 

Mini-Konzert in Berlins Bahnhöfen 

Davids kleines Konzert aus Klassik-Stücken, Jazz und Ohrwürmern dauert acht Minuten. Dann startet das Begleit-Playback von vorn. Das vorbeihetzende Publikum ist ständig in Bewegung.  Wenn Sie es nicht eilig haben, bleiben Sie bei nächsten Musiker im Tunnel doch mal stehen und genießen Sie, dass es wieder geht: Berlin ist so viel schöner mit Musike.

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Die Musik-Genehmigungen für die ganze folgende Woche werden jeweils Mittwochsmorgens von 7 bis 11 Uhr im BVG-Kundenbüro an der Michaelbrücke vergeben. Sie kosten pro Tag 10 Euro.  

Diese Instrumente sind erlaubt: Gitarre, Keyboard, Akkordeon, Mundharmonika, Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass, Harfe, Balalaika, Melodica, Tamburin, Xylophon, Flöte, Panflöte, Klarinette, Didgeridoo und Gesang sind erlaubt. Auch die Nutzung von Tonwiedergabegeräten ist möglich. Die Musik darf in normaler Lautstärke gespielt werden. Genehmigungen für Blechblasinstrumente werden nicht erteilt.

An diesen BVG-Bahnhöfen darf musiziert werden: Alexanderplatz, Altstadt Spandau, Alt-Tegel, Alt-Tempelhof, Amrumer Straße, Bayerischer Platz, Bundestag, Bundesplatz, Elsterwerdaer Platz, Ernst-Reuter-Platz, Friedrich-Wilhelm-Platz, Gleisdreieck, Güntzelstraße, Hallesches Tor, Hauptbahnhof, Heidelberger Platz, Innsbrucker Platz, Jakob-Kaiser Platz, Kaiserin-Augusta Straße, Kurt-Schumacher-Platz, Mierendorff-Platz,  Möckernbrücke, Moritzplatz, Nauenerplatz, Rathaus Steglitz, Rehberge, Residenzstraße, Samariterstraße, Schloßstraße, Sophie-Charlotte Platz, Stadtmitte, Straußberger Platz, Tierpark, Ullsteinstraße, Walther-Schreiber-Platz,  Weberwiese, Wedding, Westphalweg