Denkmalschutz vs. Pädagogik
Berlins bekannteste Schimmel-Schule, die Anna Lindh-Grundschule, soll abgerissen und neu gebaut werden, doch der Denkmalschutz sträubt sich
Der Bezirk Mitte setzt sich für einen Neubau ein, das letzte Wort hat der Kultursenator. Hunderte Schüler müssen noch mindestens sechs Jahre in einem teuer angenieteten Bürogebäude lernen

Der Bezirk Mitte will die denkmalgeschützte Anna-Lindh-Grundschule in der Guineastraße im Afrikanischen Viertel im Wedding abreißen lassen und stellt einen entsprechenden Antrag auf Abriss beim Landesdenkmalamt. Mit dem Abriss wäre der Weg frei für einen Neubau. Doch das dauert. Derweil müssen Hunderte Schüler jahrelang weiter an einem Ersatzstandort unterrichtet werden. Ein viele Millionen verschlingendes Unterfangen.
Anna Lindh-Schule: wegen Schimmelbefalls geräumt
Die Anna-Lindh Schule ist in ganz Berlin seit dem Sommer bekannt, als klar wurde, dass wegen massiven Schimmelbefalls die gesamte Schülerschaft das Gebäude räumen muss. In einer Nacht-und-Nebelaktion und ohne Zeit für Vorbereitung mussten damals 750 Grundschüler in einem eilig angemieteten Bürogebäude am Saatwinkler Damm untergerbacht werden.
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Bis zum Sommer 2023 soll der Umzug der ganzen Schule in die ehemaligen Air Berlin Büros komplett sein. Bis dahin nutzen einige Klassen noch Containerbauten und einen Modulbau aus den 1970er Jahren am alten Standort, viele Eltern haben ihre Kinder von der Schule abgemeldet. Die, die bleiben, werden mit Bussen zu ihrer Ersatzschule gefahren. Aber dazu später.
Schulsanierung: es wird teuer, wenn man sparen will
Die Anna-Lindh Schule ist in erster Linie ein mahnendes Beispiel dafür, dass es einen richtig einholt, wenn man Gebäude nicht in Schuss hält. Denn der Umzug, die Miete für das Bürogebäude und den Shuttle-Service sind teuer. Neubau oder Sanierung am alten Standort müssten nicht nur deswegen so schnell wie möglich vonstattengehen. Der Bezirk Mitte hat sich nun für einen Weg entschieden: Abriss und Neubau.
Anna Lindh-Schule: im Keller nur mit Schutzanzug
Bei einer Begehung, die Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe bei einer Pressekonferenz dokumentiert, zeigen sich die gravierenden Mängel in der Schule. Der Keller ist wegen Schimmelbefalls nur in Schutzanzügen begehbar. In den Sanitärräumen klebt schwarzer Schimmel an Fenstern und Decke. Unter hervorgerückten Schränken wuchert der Schimmel. Freigelegtes Mauerwerk zeugt von der Dürftigkeit der Bauweise. Doch die Anna-Lindh-Grundschule einschließlich des Hausmeister-Wohnhauses und dem Schulkindergarten wurde 1955-59 vom Hochbauamt Wedding errichtet und ist ein gesetzlich geschütztes Denkmal.

Seit 2017 sind die Schimmel-Probleme bekannt, kleinere Maßnahmen zur Eindämmung zeigten keinen anhaltenden Erfolg. Trotzdem erwartet der Bezirk Mitte Einwände des Landesdenkmalsamts gegen einen Abriss. Mit dem Antrag auf einen Abriss ist die Behörde nun zu einer Stellungnahme aufgefordert, man hoffe, dass eine Entscheidung noch vor der Neuwahl im Februar komme, so Baustadtrat Gothe. In letzter Instanz wäre der Kultursenator Klaus Lederer weisungsbefugt, entscheidet er über Sanierung oder Neubau.
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Sanierung oder Neubau - was ist günstiger?
So oder so dauert es, bis die Schüler an den alten Standort in der Nähe ihrer Wohnungen zurück kehren können. Für einen Neubau, der mit Erweiterungen auch ein oder zwei zusätzliche Klassenzüge möglich machen würde, veranschlagt Gothe eine Bauzeit von sechs Jahren. Er würde etwa 60 Millionen kosten, so der Baustadtrat. Eine Sanierung würde wohl noch länger dauern, acht Jahre etwa, wenn sie denn technisch sinnvoll und möglich wäre.

In der ganzen Zeit fallen jedes Jahr 6,6 Millionen Mietkosten für den Ersatzstandort an, an dem längst nicht alles schlecht, aber auch nicht jedes Detail für einen reibungsloses Schulbetrieb geklärt ist. So fehlt eine Ampel über den Saatwinkler Damm, der Transfer mit dem Bus für Schüler aller Klassen ist noch in der Diskussion. Für das Fuhrunternehmen wird gerade an einer EU-weiten Ausschreibung gearbeitet, mit dem Senat verhandelt Stadträtin Maja Lasic, dass auch Schüler der Fünften und Sechsten Klassen transportiert werden. Auch hierfür werden pro Jahr Hunderttausende Euro fällig.
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Schule in Berlin: Annäherung an die Normalität
Die Außenflächen am Air-Berlin-Bau sind nicht groß genug, angrenzenden Liegenschaften werden für eine Erweiterung geprüft. Schulstadträtin Maja Lasic bezeichnet den Prozess als ein Annähern an Normalität, weitere Umbauten sollten die Bedingungen vor Ort noch verbessern. Weil der Umzug im Sommer so unvermeidlich und plötzlich kam, werde es nun sehr teuer, so die Stadträtin. Dieses Szenario anderswo anzuwenden, sei oberstes Gebot.
Doch in Mitte wie auch in anderen Bezirken sei die Anzahl der Gebäude mit Sanierungsbedarf so groß, dass es die Kapazitäten des Bezirksamtes weit übersteige. Ein Drittel der Stellen, die in der technischen Gebäudeplanung benötigt würden, seien nicht besetzt so Ephraim Gothe.