Fotos von umetikettierten Berliner-Luft-Flaschen sind bereits seit Anfang Januar im Umlauf. Zu kaufen gibt es sie allerdings so gut wie nirgendwo.
Fotos von umetikettierten Berliner-Luft-Flaschen sind bereits seit Anfang Januar im Umlauf. Zu kaufen gibt es sie allerdings so gut wie nirgendwo. imago/Future Image

Der Streit um geschlechtergerechte Sprache sorgt verlässlich für Wellen der Empörung; viele Menschen stehen dem Thema allerdings auch gleichgültig gegenüber. Für jüngere, vor allem großstädtische Leute gehört Gendern längst zur Alltagssprache. Ältere, vor allem erzkonservative Leute bringen Sprechpausen und Gendersternchen dagegen verlässlich auf die Palme. In diese Kerbe schlug der Spiegel am Donnerstag mit der Ankündigung, der Berliner Kult-Pfefferminzlikör Berliner Luft werde jetzt auch „Berliner*innen Luft“ heißen – versehen mit der Überschrift: „Sprachenstreit über Kultlikör“.

Angeblich 500.000 Flaschen mit Berliner*innen Luft, doch auf der Hersteller-Website nichts zu sehen

Innerhalb weniger Stunden stand die Meldung abgeschrieben von der Website des Nachrichtenmagazins auf vielerlei Seiten im Netz. Angeblich verkaufe der Hersteller Schilkin aus Berlin Alt-Kaulsdorf einen „Gender-Schnaps“, deliriert der Wiener Standard. Unter Schnaps versteht man in aller Regel reines Destillat wie Wodka oder Tequila. Berliner Luft ist hingegen ein mit Pfefferminzaroma angereicherter Likör. 

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Nicht jetzt, sondern bereits um die Jahreswende herum kam Schilkin auf die Idee, Berliner Luft in einer überschaubaren Auflage umzuetikettieren. Angeblich 500.000 Flaschen mit dem Schriftzug „Toleranz & Vielfalt“ unter einem Roten Rathaus in Regenbogenfarben sollen produziert worden sein. Zu Preisen um die acht Euro war das Getränk zeitweise in ausgewählten Läden zu haben, ist aber derzeit weitestgehend ausverkauft.

Berliner Luft: Bereits Anfang des Jahres zu „Toleranz & Vielfalt“ umetikettiert

Auf der Website des Schilkin-Konzerns werden allerhand hippe Varianten von Berliner Luft beworben: Peppermint Peach, Schoko, Lakritz und Kräuterfix. Neben diesen und weiteren Likören gibt es den Verkaufsschlager Berliner Luft in verschiedenen Flaschenvarianten nebst allerhand Merchandise-Produkten wie Schlüsselanhänger, Schürzen und Schirme. Nichts zu sehen war dort jedoch von „Berliner*innen Luft“.

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Als Marketing-Gag mit ernstem Hintergrund hätte Schilkin die „klassischen“ Berliner-Luft-Flaschen zu „Berliner*innen Luft“ umetikettiert und damit angeblich, so behauptet Watson, eine explosive Debatte ausgelöst – von der allerdings noch weniger zu sehen ist als von den angeblich Hunderttausenden Flaschen. Tatsächlich hatte das Thema zunächst so gut wie kein Medium aufgegriffen, bis es nun der Spiegel als angebliche Sensation verkaufte.

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Tatsächlich ist die Umbenennung des Pfefferminzlikörs sprachlich unsinnig, weil das „Berliner“ im Markennamen als Adjektiv die –grammatisch weibliche – „Luft“ verortet. An dem Markennamen gibt es nichts zu gendern. Alles in allem handelt es sich also wieder einmal, passend zum Markennamen, um eine Luftnummer: einen billigen Versuch, die Aufmerksamkeit von Trollen und Hasspredigern in den den sozialen Medien zu erhaschen.