Der Zirkus erhält Futterspenden aus der Nachbarschaft, hier ein Sack Möhren für die Tiere. 
Der Zirkus erhält Futterspenden aus der Nachbarschaft, hier ein Sack Möhren für die Tiere.  Foto: Markus Wächter

Eine fünfköpfige Zirkusfamilie mit 50 Tieren und drei Mitarbeitern kämpft verzweifelt um ihre Existenz. Seit Mitte März sitzt der Berliner Zirkus Rogall in Teltow fest und kann nicht weiterreisen. Seit der Corona-Krise mussten sämtliche Vorstellungen abgesagt werden.

Das Zirkuszelt, wo Roman Rogalli (38) und Tochter Celine-Michelle (22) sonst in zehn Metern Höhe waghalsig über das Hochseil turnen, ist abgebaut. Einnahmen hatten die Rogallis zuletzt im Januar, als sie über mehrere Wochen mit ihrem Weihnachtszirkus auftraten. Normalerweise reist die Berliner Artistenfamilie um diese Zeit von Ort zu Ort quer durch die Republik.

Doch nun wurden auch sie von den Ausgangsbeschränkungen der Behörden völlig lahm gelegt. „Für uns ist das ein Dolchstoß mitten ins Herz. Ich weiß noch, nicht wie wir das überleben sollen“, sagt Roman Rogalli. Er ist gerade auf dem Weg in den Spreewald, um bei einem Bauern kostengünstig Heu für seine Tiere zu bekommen.

Allein Tierfutter kostet zwischen 200 und 250 Euro pro Tag

Den Zirkus Rogall, der sich schreibt wie der Familien-Nachname, nur ohne i am Ende, existiert inzwischen in dritter Generation. 1977 hatten Hans-Jürgen und seine Ehefrau Sonja Rogalli das Familienunternehmen in Rudow gegründet, damals noch in einem kleinen Einmastzelt gegründet. Als die Eltern verstarben, übernahm Sohn Roman das Geschäft. Neben seiner erwachsenen Tochter, Ehefrau Angela (38)  stecke auch schon  den zwei Söhnen Fielano (13) und Georgis (10) „das Zirkusblut in den Adern.“

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„Ich bin froh, dass meine Eltern das nicht mehr miterleben müssen“, sagt Roman Rogalli. Er wolle alles tun, was in seiner Macht“ stünde, um das Lebenswerk der Eltern fortzuführen. Das Problem: Es seien kaum noch Rücklagen vorhanden, um den Betrieb am Laufen halten zu können. Die Tiere müssen gefüttert werden, die Tierpfleger bezahlt werden, Tierarztkosten und Fuhrpark bezahlt werden, zählt der Familienvater alles auf. Allein das Futter für die 50 Tiere koste ihm zwischen 200 und 250 Euro pro Tag. Einnahmen haben die Rogallis ohne ihre Besucher nicht mehr.

Zirkustochter Celine-Michelle Rogalli (22) füttert eines der Hochlandrinder.
Zirkustochter Celine-Michelle Rogalli (22) füttert eines der Hochlandrinder.
Foto: Markus Wächter

„Wir haben bisher vom Staat noch nicht einen Cent erhalten“, sagt Rogalli. Er habe zwar wie viele andere Selbständige auch, seinen Antrag bei der Investitionsbank eingereicht, aber werde immer wieder vertröstet, dass die Bearbeitung noch Zeit in Anspruch nehme. Jetzt habe er aus lauter Verzweiflung schon Unterlagen beim Jobcenter angefordert, um für sich und die Familie Hartz IV-Leistungen zu beantragen. Er habe auch schon darüber nachgedacht, seine LKW abzumelden. Doch dann wisse er nicht, wie er der das Heu holen und den Dung webbringen solle.

Noch keinen Cent vom Staat

„Wir waren nie vom Staat abhängig und mussten auch nie um Spenden betteln“, sagt der Familienvater und seine Bitterkeit ist deutlich zu spüren. In Deutschland gibt es Schätzungen des Verbandes Deutscher Circusunternehmen zufolge rund 300 Zirkusse. „Wir haben schon von anderen Unternehmen gehört, dass es Schwierigkeiten bei der Antragstellung gibt. Andere wiederum haben aber auch schon ihr Geld auf dem Konto“, sagt VdCU-Vorstandsmitglied Ralf Huppertz dem KURIER. Aus seiner Erfahrung heraus, sei es schon von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter unterschiedlich.

Doch Familie Rogalli tröstet das wenig. Sie sorgen sich vor allem um ihre Tiere. Gerade hätten sie für sie einen neuen modernen Stall mit vielen Fenstern für 20.000 Euro angeschafft. „Die Tiere sind erst einmal wichtiger als wir. Wir selbst essen notfalls eine Scheibe Brot weniger“.

Besonders gerührt sind die Rogallis über die Hilfsbereitschaft der Bürger, die sie mit Obst und Gemüse und Futterspenden versorgten. „Diese Menschen sind einmalig und haben so ein großes Herz wir wissen gar nicht, wie wir ihnen danken sollen“, sagt Roman Rogalli und versucht ein Schluchzen zu unterdrücken. Er will weiter kämpfen. Für das Lebenswerk seiner Familie.