13.03.2020, Berlin: Eine Illustration des Coronavirus ist an einer elektronischen Werbetafel in Sichtweite des Fernsehturms zu sehen. Foto: Jörg Carstensen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
13.03.2020, Berlin: Eine Illustration des Coronavirus ist an einer elektronischen Werbetafel in Sichtweite des Fernsehturms zu sehen. Foto: Jörg Carstensen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Berliner Senat hat das Leben in der Hauptstadt am Samstag weiter eingeschränkt: Restaurants und Gaststätten müssen ab Sonntag ganz schließen. Nur das Abholen und Liefern von Speisen ist noch erlaubt. Veranstaltungen oder Ansammlungen von mehr als zehn Personen sind verboten. Ein Mindestabstand von 1,5 Metern soll „wo immer möglich eingehalten“ werden, schreibt die Verordnung vor. Physische Kontakte sollen auf ein absolut nötiges Minimum reduziert werden, „abgesehen von Angehörigen des eigenen Haushalts oder Partnerinnen und Partnern“.

Diese Maßnahmen seien nötig, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsam, teilte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit. „Jeder einzelne von uns muss hier auch eigenverantwortlich handeln und diese Regelungen beachten und umsetzen.“

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Erst das Nachtleben, dann der Einzelhandel, jetzt die Gastronomie

Seit einer Woche begrenzt der rot-rot-grüne Senat auf Basis des Infektionsschutzgesetzes das öffentliche und private Leben mit rigiden Beschlüssen. Am vergangenen Samstag erließ er überraschend die erste Verordnung, die das Aus für das Nachtleben bedeutete: Clubs, Kneipen und Bars mussten mit sofortiger Wirkung schließen, ebenso wie Fitnessstudios, Spielhallen und Bordelle. Veranstaltungen durften bis zu einer Größe von 50 Personen noch stattfinden, die Pflicht zum Führen von Anwesenheitslisten mit Kontaktdaten wurde aber gesetzlich verankert.

Am Dienstag folgte die erste Verschärfung der Verordnung: Alle Geschäfte, die nicht der Versorgung der Bevölkerung dienen, mussten ab Mittwoch geschlossen bleiben. Öffnen durften zahlreiche Ausnahmen wie Supermärkte, Baumärkte, Apotheken, Tankstellen, aber auch Friseure und die Gastronomie. Die Öffnungszeiten von Restaurants und Gaststätten begrenzte der Senat auf 6 bis 18 Uhr.

An diesem Samstag erfolgte die zweite Verschärfung – auch, weil sich viele Berliner in den vergangenen Tagen noch nicht an die strengen Regeln hielten. „Einige haben noch immer nicht verstanden, in was für einer Krisensituation wir sind, so dass wir zu härteren Maßnahmen kommen müssen“, sagte Müller am Freitagabend in der RBB Abendschau.

Rheinland-Pfalz: Gruppengröße fünf Personen, Bayern: Ausgangssperre

Berlin bleibt aber auch mit dem Beschluss am Samstag weiter hinter den Maßnahmen anderer Länder zurück. In Rheinland-Pfalz sind seit Mitternacht Zusammenkünfte von mehr als fünf Menschen im öffentlichen Raum verboten. In Bayern sind Sport und Spaziergänge im Freien nur noch alleine oder mit Menschen erlaubt, mit denen man zusammenlebt.

Im Freistaat darf die Wohnung nur noch bei „Vorliegen triftiger Gründe“ verlassen werden, teilte das bayerische Gesundheitsministerium am Freitag mit. Dazu zählen etwa der Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arztbesuche oder das Treffen von Lebenspartnern. Baumärkte, Friseure, Restaurants und Gaststätten müssen seit 0 Uhr Sonnabendnacht geschlossen bleiben.

Auch Berlins Gesundheitssenatorin Kalayci fordert eine Ausgangssperre

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) fordert ein noch sehr viel härteres Durchgreifen gegenüber der eigenen Bevölkerung: „Senatorin Kalayci hat dem Senat eine Ausgangssperre empfohlen, die abgelehnt wurde“, teilte Lena Högemann, Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit, dem Berliner KURIER am Freitag mit.

Berlins Regierender Bürgermeister (SPD) lehnt eine Ausgangssperre ebenso wie die Koalitionspartner Linke und Grüne zurzeit noch ab. Müller und die Grünen argumentieren vor allem mit ihrer „Sorge vor sozialen Folgen“: Experten rechnen in der Isolation mit einem Ansteigen von häuslicher Gewalt und einer steigenden Suizidrate. Auch das seien Opfer, die man bedenken müsse, hieß es.

Die Linke betont außerdem den massiven Rechtseingriff – de facto bedeute eine so weitreichende Ausgangssperre „Freiheitsentzug für 3,7 Millionen Menschen“, sagte Katina Schubert, Landesvorsitzende der Linken, dem Berliner KURIER.

Sonntag weitere Maßnahmen möglich

Am Sonntagabend will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder über   weitere nötige Maßnahmen austauschen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es werde eine „schonungslose Analyse“ dessen geben, was die bereits geltenden Einschränkungen im Land bewirkt hätten.

Auch Müller teilte am Samstag mit: „Weitere Schritte werden wir gemeinsam mit Bund und Ländern diskutieren und auch mit Brandenburg abstimmen.“