Hater drohen Berliner Oben-ohne-Aktivistin mit Vergewaltigung und Mord! Trotzdem plant sie neue Aktionen: Wandern und Picknick oberkörperfrei!
Lotte Mies erntet für ihre Aktion im Schwimmbad nicht nur Zuspruch. Doch die 33-Jährige Berlinerin will weiter oben ohne unterwegs sein.

Sie hat sich erfolgreich für das Oben-ohne-Baden in Berliner Schwimmhallen eingesetzt: Jetzt erhält die Aktivistin Drohungen. Lotte Mies wird angefeindet, sie berichtete sogar von einer Morddrohung. „Manche wünschen mir, dass ich vergewaltigt werde“, sagt sie.
„Gleiche Brust für alle“: Feminismus gibt der FKK-Bewegung neue Note
Dennoch plane sie, sich weiter für die Rechte von Frauen einzusetzen. „Wenn es wärmer wird, wollen wir Aktionen wie etwa Picknicks und Wanderausflüge oben ohne starten“, sagte die 33-Jährige, die sich in der Initiative „Gleiche Brust für alle“ engagiert. Nackt-Wandern und FKK sind keine besonders neuen Ideen. Aufgeladen durch eine superfeministische Grundhaltung bekommt die Freikörperkultur nun aber eine neue Note.
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Rückblick: Lotte Mies hatte im Dezember in einem Hallenbad in Berlin-Kaulsdorf versucht, nur mit Badehose bekleidet zu schwimmen. Das wurde ihr vom Personal verwehrt.
„Ich wollte mich empowern, ich kam mit einem guten Gefühl und verließ die Schwimmhalle mit einem schlechten Gefühl, dass allein meine Brüste eine Ordnungswidrigkeit darstellen“, so Mies in einem Interview, das in der Berliner Zeitung veröffentlich wurde. Es sei ihr darum gegangen, selbstbestimmt über den eigenen Körper zu entscheiden. „Wenn Männern etwas erlaubt ist, Frauen hingegen nicht, dann ist das nicht nur ungerecht, sondern sexistisch.“
In Berlin ist Baden oben ohne erlaubt, doch Oben-ohne-Aktivistin Lotte Mies wurde Baden verboten
Lotte Mies legte Beschwerde bei der Ombudsstelle einer Landesbehörde ein, die für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung zuständig ist.
Inzwischen haben die Bäderbetriebe klargestellt, dass das Oben-ohne-Baden für Frauen nicht mehr zum Problem werden sollte. Grundsätzlich verboten war es ohnehin nicht. Die Badeordnung sei aber im Zweifel so ausgelegt worden, dass „handelsübliche Badebekleidung“ bedeckte weibliche Brüste bedeute.
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Die Aktion schlug Wellen, auch international. Ihren Erfolg im Hallenbad verbuch Mies als Etappensieg. „Es geht ja nicht nur um die Berliner Bäder. Freiräume, die für Männer selbstverständlich sind, sollten auch für Frauen selbstverständlich sein. Also Hallenbäder, Freibäder, Strände, Grünanlagen, Parks usw. Ich habe nicht vor, Restaurants oder Kinos oben ohne zu besuchen. Das verbietet sich ja schließlich auch für Männer“, sagte sie.

Beleidigenden und hämische Kommentare gegen Lotte Mies – von Männern und Frauen!
Dass damit nicht alle Welt einverstanden ist, zeigt sich anhand von Reaktionen. Unter anderem auf Facebook und Instagram bekam Mies verschiedene beleidigende und hämische Kommentare von Männern und Frauen. Doch neben negativen Reaktionen habe sie auch viel positive Resonanz bekommen. „Mir haben viele Frauen geschrieben, die sich freuen, dass ich mich dafür einsetze, weil sie selber nicht den Mut haben“, sagte sie mit Blick auf das Oben-ohne-Baden.
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„Das Problem der Sexualisierung des weiblichen Körpers wird nicht von heute auf morgen verschwinden. Das wäre ja utopisch“, sagt Mies. „Es geht um das Signal, dass man sich nun hinter Betroffene stellt“, so die Berlinerin, die eigenen Worten zufolge auch an einem Buch über feministische Themen schreibt.
Nackt im Park-Aktion schlug ebenso hohe Wellen
Ein weiterer Fall in Berlin hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: Wegen ihres nackten Oberkörpers wurde eine Frau im Sommer 2021 eines Wasserspielplatzes im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick verwiesen. Aus Sicht der Ombudsstelle stellte dies eine Diskriminierung dar. Auf ihre Empfehlung ergänzte der Wasserspielplatz seine Nutzungsordnung.
Eine Klage gegen das Land Berlin auf finanzielle Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz blieb jedoch erfolglos. Das Landgericht Berlin sah dafür im September 2022 keine Grundlage. Laut Klägeranwältin Leonie Thum wurde Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Aktivisten: Gleiche Brust für alle
Auch die Frau erhielt Zuspruch von der Initiative „Gleiche Brust für alle“. Die Gruppe setzt sich gegen die Sexualisierung der weiblichen Brust ein. Es gibt auch eine Petition: Alle Menschen sollen sich, unabhängig ihres Geschlechts, mit freiem Oberkörper bewegen dürfen.
„Alle Frauen, trans, inter, non-binary Personen & Co., Stillende, jung oder alt, mit oder ohne Oberteil, alle Menschen, die wegen ihrer Brust diskriminiert werden, sind bei uns willkommen“, heißt es auf der Webseite der Bewegung.
Übrigens: in Göttingen, Siegen, Hannover ist das Baden oben ohne längst erlaubt. Auch hier gab es große Diskussionen. Doch auf FOCUS-online-Nachfrage erklärt eine Sprecherin der Stadt Siegen, dass Badegäste von der „Oben-ohne“-Option, die die Stadt vergangenes Jahr eingeführt hat, „fast gar keinen Gebrauch gemacht“ hätten.
Es sieht so aus, als sei die ganze Debatte eher ein Nischenthema, das die meisten Frauen und nicht-binären Personen gar nicht tangiert.