Harte Kritik an Dilek Kalayci (SPD)
Berliner Mediziner sauer: „Gesundheitssenatorin hat uns ins offene Messer laufen lassen“
Hausärzte üben massive Kritik. Sie fühlen sich vernachlässigt, weil sie selbst nicht geimpft wurden.

Bei Berlins Hausärzten regt sich Widerstand gegen die Impfstrategie. Wolfgang Kreischer, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Berlin-Brandenburg, kritisiert, dass viele seiner Kollegen nicht geimpft sind. Schuld daran sei die Impfpolitik der Senatsgesundheitsverwaltung.
Kreischer selbst hat eine Praxis in Zehlendorf. Täglich gehen bei ihm Patienten ein und aus. Außerdem macht der Mediziner zahlreiche Hausbesuche. Er ist einer von 3000 Hausärzten neben 4000 Fachärzten sowie 1600 psychologischen Psychotherapeuten, die sich um die Gesundheit der Berliner kümmern.
Wir sind diejenigen, die meist den ersten Kontakt zu Corona-Patienten haben.
Der Allgemeinmediziner zum Berliner KURIER: „Wir haben die ganze Zeit versucht, eine Impf-Priorisierung für Hausärzte zu bekommen. Wir sind diejenigen, die meist den ersten Kontakt zu Corona-Patienten haben – sei es in der Praxis, bei Hausbesuchen, im Ärztlichen Bereitschaftsdienst oder wenn wir in Impfzentren aushelfen. Daher ist es ein Affront, dass wir vernachlässigt worden sind. Wir Hausärzte gehören neben dem Pflegepersonal zur gefährdetsten Gruppe.“
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Bislang seien die Hausärzte von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci aber nicht ernst genommen worden. „Sie hat uns missachtet“, sagt Kreischer und fügt hinzu: „Damit hat sie uns ins offene Messer laufen lassen. Die Hausärzte haben keinerlei Verständnis für diese Politik und sind sauer. Sollte sich die Situation nicht ändern, werden wir unseren Eigenschutz in den Vordergrund stellen.“
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Wolfgang Kreischer warnt seit Ausbruch der Pandemie vor den Folgen. Er riet bereits in der ersten Welle zu einem harten Lockdown, um das Virus einzudämmen, und sagt heute: „Wir sehen doch, wo wir heute stehen. Es wäre besser gewesen, wir hätten von Anfang an einen harten Lockdown durchgezogen.“
In einem Brief an die Senatsgesundheitsverwaltung mahnte er nun erneut. Darin schrieb er: „Es ist schlichtweg unerträglich für uns, dass wir in den Impfzentren selbst nicht geimpft werden.“ Die Ärzte seien einer „hohen Infektionsgefahr“ ausgesetzt, weil sie in den Praxen, Pflegeheimen und bei Patienten zu Hause im Einsatz sind und dabei immer wieder mit Corona-Patienten in Berührung kommen.
Der Verbandsvorsitzende sagt: „Da läuft einfach vieles schief. In den Heimen werden oft Menschen geimpft, die sterbenskrank sind. Und in den Impfzentren bleibt Serum übrig, das aber nicht die dort aushelfenden Ärzte erhalten. Ich habe schon von Kollegen gehört, dass es ihnen verweigert wurde.“

Foto: Antonia Groß
Der Arzt hat bereits eigene Konsequenzen gezogen – und alle Dienste im medizinischen Bereitschaftsdienst abgesagt. In seiner eigenen Praxis halte er sich strikt an die Hygienevorschriften – doch das schütze nicht immer: „Bislang war die Wahrscheinlichkeit, symptomlos an Covid-19 erkrankt zu sein, eher gering. Doch das hat sich geändert. Es kommen auch Patienten ohne Symptome, die infiziert sind. Daher dürfen wir in den Praxen auf keinen Fall nachlässig werden.“
Das Impfmanagement ist ein Desaster.
Der Allgemeinmediziner berichtet von einem infizierten Kollegen: „Bedauerlicherweise hat sich mein früherer Weiterbildungsassistent infiziert. Er wird seit zwei Wochen beatmet und die Chancen stehen schlecht.“
Erik Schulze ist Hausarzt in Pankow. Der Allgemeinmediziner kritisiert ebenfalls den Umgang mit den Ärzten: „Wann ich als Hausarzt selbst eine Impfung bekomme, ist bisher auch noch nicht geklärt. Ich habe mich angemeldet, stehe aber nicht weit genug oben auf der Priorisierungsliste. Ist auch nicht so wichtig, ich habe ja erst Hunderte Abstriche gemacht, darunter 30 positive Fälle", berichtet der Arzt frustriert. Er habe außerdem von onkologischen Stationen gehört, wo das Personal noch nicht geimpft wurde. Er sagt: „Das Impfmanagement ist ein Desaster.“
Noch kein Impf-Fahrplan
Die Senatsgesundheitsverwaltung hält sich zurzeit bedeckt. Sprecher Moritz Quiske sagt auf Anfrage: „Noch sieht der Bund keine Einbindung der Hausärzte vor.“ Auf die Frage, ob es einen Impffahrplan für die Allgemeinmediziner gebe, antwortet er: „Dass dies der Ziel- und Endbahnhof sein soll, darin sind wir uns in Berlin alle einig. Aber ein detaillierter Fahrplan ist im Moment noch nicht einsetzbar.“ Mehr könne man darüber derzeit noch nicht sagen.
Am Montag sind die Hausärzte von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei der Impf-Priorisierung neben über 70-Jährigen sowie Polizisten in die Gruppe 2 mit „hoher Priorität“ eingestuft worden. Vorher waren sie in Gruppe 3. Zur Gruppe 1 mit „höchster Priorität“ gehören nach wie vor Menschen über 80, Pflegeheimbewohner sowie Pflegekräfte und medizinisches Personal in Krankenhäusern. Doch wann die Impfung für die Hausärzte umgesetzt wird, ist derzeit noch unklar.