Berliner Krankenhäuser: Nur noch ein Besucher für eine Stunde am Tag
Ab Sonnabend tritt die neue Verordnung der Senatsgesundheitsverwaltung in Kraft, die die Klinikbesuche regelt. Nicht alle Häuser werden sich danach richten.

In der vergangenen Zeit entschieden die Krankenhäuser oft selbst, wie sie angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen handeln. Bereits Anfang dieser Woche hatte die Vivantes-Gesellschaft für all ihre neun Kliniken in Berlin eigenhändig ein komplettes Besuchsverbot verhängt, um eine neue Corona-Ausbreitung in ihren Häusern zu verhindern. So sollten Angehörige nur zu schwerstkranken und sterbenden Patienten sowie Kindern Einlass bekommen. Nun gibt es berlinweite einheitliche Regelung.
Ab Sonnabend dürfen Patienten in Krankenhäusern für eine Stunde pro Tag von einer Person Besuch bekommen. Eine entsprechende Verordnung hat die Senatsgesundheitsverwaltung erlassen.
Bei Vivantes dagegen will man weitgehend an dem Besuchsverbot festhalten. „Die schnelle Ausbreitung des Coronavirus macht es erforderlich, dass bis auf Weiteres erneut keine Besucherinnen und Besucher in den Kliniken mehr zugelassen werden. Um Patienten und Mitarbeiter vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen, werden die Vivantes Kliniken das seit Montag, 12. Oktober, bestehende Besuchsverbot beibehalten“, sagte ein Pressesprecher von Vivantes dem Berliner KURIER. Jedoch ermögliche die Verordnung des Berliner Senats, Abweichungen von der Regelung geltend zu machen. „Ausnahmen für das Besuchsverbot gelten nach Rücksprache mit behandelnden Ärzten für Kinderstationen, Schwerstkranke und Menschen, die palliativ betreut werden", sagte der Pressesprecher.
Wie regeln das andere Kliniken? „Bei uns sind die vom Senat erlassenen Corona-Besuchsregelungen schon seit Monaten Gang und Gäbe“, sagte eine Pressesprecherin der Charité. An den Helios-Kliniken Buch sowie Emil von Behring gilt bereits seit März eine einstündige Besuchserlaubnis. Am Helios Klinikum Emil von Behring gibt es zusätzlich eine Besucherzeit zwischen 15 und 18 Uhr. Auch in der Charité soll der einstündige Besuch möglichst in dieser Zeit stattfinden. „Angehörige, die Patienten besuchen möchten, melden sich auf Station und füllen dort entsprechend der Vorgabe des Senats ein Kontaktformular aus“, sagte die Pressesprecherin. Um den Zulauf an Besuchern zu kontrollieren, habe man dort bereits seit einigen Monaten einen Sicherheitsdienst auf dem Campus-Gelände installiert, der die Zugänge zu den Stationen im Blick habe. Es solle immer eine Person pro Stunde sein, so wie es im Senatserlass steht.
Auf den Stationen selbst gelten die erforderlichen Abstands- und Hygieneregeln. Dazu zählt auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für die Besucher während der gesamten Besuchszeit. Personen mit Atemwegsinfektionen ist der Zutritt zu Patienten nicht erlaubt. Im Helios Klinikum Berlin-Buch und im Helios Klinikum Emil von Behring sind zudem keine Besucher auf der Isolierstation erlaubt. Für Geburten ist künftig generell vorgesehen, dass die Frauen einen Menschen auswählen dürfen, der sie begleitet.
Für Karin Stötzner, Patientenbeauftragte der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin, sind die getroffenen Maßnahmen in der aktuellen Lage notwendig: „Es ist sehr hart für die Patienten und ihre Angehörigen, aber es ist eine unumgängliche Regelung. Da die Infektionszahlen so dramatisch ansteigen, müssen die Infektionsketten unterbrochen werden und vulnerable Gruppen geschützt werden – sowohl Patienten als auch das versorgende Personal in den medizinischen Einrichtungen.“
Die Kompromiss-Lösung, mit der Patienten zumindest eine einstündige Besuchszeit eingeräumt wird, hält sie dennoch für wichtig. „Natürlich ist es gut für die Patienten, dass das Besuchsverbot nicht komplett rigoros ausgefallen ist. Jede kleine Ausnahme, die den Patienten und Angehörigen hilft, ist erfreulich“, sagte Stötzner. Für sinnvoll halten viele auch, dass Schwerstkranke und Sterbende nicht wie beim ersten Lockdown alleine gelassen werden. Sie dürfen nach den neuen Regeln besucht werden.
Jann G. Ohlendorf ist Sprecher der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Dort ist die Besuchserlaubnis seit Monaten bei den Beratungsstellen Thema der Angehörigen. Er sagt: „Das Spektrum der Eindrücke aus der Beratung reicht von ,tieftrauriger Akzeptanz' bei den Ratsuchenden bis hin zu ,großem Unverständnis', mitunter auch verbunden mit ,wenig Empathie'. Was aus der Beratung allerdings auch deutlich wurde: Viele Betroffene, die schon vor der Pandemie die Sorge hatten, dass Angehörige in Pflegeheimen nicht wirklich gut betreut würden, haben die Besuchseinschränkungen in Angst versetzt.“