Der angeklagte Familienvater saß am Dienstag in Berlin auf der Anklagebank.
Der angeklagte Familienvater saß am Dienstag in Berlin auf der Anklagebank. KE.

Wie die Orgelpfeifen standen sie da: Die vier Kinder von Kamal I. (45) warteten brav vor dem Gerichtssaal. Bis sie den Papa wenigstens kurz sehen durften.

Er soll mit 121 Kilo Cannabis gehandelt haben: Vor 111 Tagen standen plötzlich Ermittler im Haus von Kamal I. in Wittenau. Er hatte nicht damit gerechnet, dass man ihm auf die Schliche kommen würde. Denn die Geschäfte hatte er über ein Encrochat-Handy abgewickelt.

Jahrelang war der verschlüsselte Messengerdienst Encrochat bei Kriminellen sehr beliebt. Eine Kryptierungs-Software schien einen geheimen Kanal zu garantieren. Bis es französischen und niederländischen Ermittlern im Frühjahr 2020 gelang, das Netzwerk zu knacken.

Der Familienvater entschloss sich auszupacken

Monatelang fingen Fahnder verdächtige Chats ab. Es sollen mehr als 20 Millionen Nachrichten gewesen sein. Es kam zu etlichen Verhaftungen quer durch Europa.

Kemal I. soll zwischen dem 31. März und dem 30. Mai 2020 neunmal Cannabis geordert haben. Mal zehn, mal 20 Kilo – insgesamt seien es 121 Kilogramm gewesen. Die Anklage: „Er hat mindestens 366.000 Euro erlangt.“

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Die Auswertung von Chats führte im Oktober 2021 zu seiner Verhaftung. Der Familienvater entschloss sich auszupacken. Achtmal habe er Drogen geordert. Sein Verteidiger: „Nur Fall neun trifft nicht zu.“ Lieferungen habe er aber nur in vier Fällen erhalten – „in den anderen Fällen scheiterte eine Übergabe an Lieferengpässen oder wegen mangelnder Qualität.

Pro Kilo gab's 100 Euro für den Familienvater

Dealer I. nannte Abnehmer und offenbarte, was er über seine Lieferanten wusste. Seine Gewinne soll er allerdings als gering beschrieben haben – „pro Kilo etwa 100 Euro, mehr nicht“.

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Insgesamt machte er Angaben zu fünf Personen. Das könnte ihn zum Kronzeugen machen – und für einen Bonus sorgen. Der Anwalt: „Er hofft auf eine Strafe mit Haftentlassung.“ Denn er will so schnell wie möglich zurück zu seiner Familie.

Seine Kinder, sieben bis zehn Jahre alt, warteten mit ihrer Mama aufgeregt, aber ganz leise auf dem Gerichtsflur. Bis sie endlich nach dem ersten Prozesstag kurz in den Saal durften, um den Papa, den sie so vermissen, wenigstens für einen Moment zu sehen. Fortsetzung: 10. Februar.