Die Zahl von Jugendgewalt steigt in Berlin stark an.
Die Zahl von Jugendgewalt steigt in Berlin stark an. Imago/Gerhard Leber

Die Berliner Kriminellen sind auch raus aus dem Homeoffice: Gab es in den Corona-Jahren weniger Straftaten, aber mehr Internet-Kriminalität, hat sich der Trend jetzt wieder umgekehrt. Das ist das Ergebnis der neue Kriminalitätsstatistik der Berliner Polizei für das Jahr 2022, die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik heute Vormittag vorstellen.

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519.827 Straftaten weist die Statistik aus, 37.700 oder 7,8 Prozent mehr als 2021. Die Zahl der Straftaten je 100.000 Einwohner stieg auf 14.135 Fälle, das sind 7,4 Prozent mehr als 2021 und ähnlich viel wie in den Vor-Corona-Jahren 2018 und 2019. Die Zahl der erfassten Internetbetrügereien sank dagegen um ein Viertel, das sind sogar weniger als 2019.

Da die Berliner auch wieder mehr in Geschäften einkauften, verringerte sich die Zahl des Warenkreditbetrugs (bestellte Ware nicht bezahlt) sogar um 45 Prozent. Stark stieg die Zahl der Köperverletzungen an – um 5107 auf 44.425.

Der Anteil der nichtdeutschen Verdächtigen steigt auf 42 Prozent

Mehr Kriminalität, aber weniger Aufklärung: Nur noch 44,9 Prozent (minus 0,4 Prozent) der Taten konnte die Polizei aufklären. Berlin ist damit bei der Aufklärung bundesweit Schlusslicht. 72 Prozent der Täter wohnen in Berlin, der Anteil der nichtdeutschen Verdächtigen stieg von 39 auf 42 Prozent.

Mord und Totschlag: Die Polizei registrierte 114 Fälle – 14 mehr als im Jahr 2021. Dazu zählen auch versuchte Taten. 41 Personen starben bei den Angriffen, 55 wurden schwer verletzt.

Sexualstraftaten: Gegenüber dem Vorjahr steigt die Zahl der Taten um vier Prozent auf 6944 Fälle. Es gab 66 Prozent mehr sexuelle Übergriffe, 18 Prozent mehr sexuelle Handlungen an und durch Kinder und vier Prozent mehr Vergewaltigungen. 19 der Opfer wurden dabei schwer verletzt und eine Person getötet.

Wegen des Diebstahls hochwertiger Elektronikartikel stürmte eine schwer bewaffnete Hundertschaft der Polizei am 25. August 2022 die Remmo-Villa in  Alt-Buckow. Ein Clanmitglied wurde festgenommen. 
Wegen des Diebstahls hochwertiger Elektronikartikel stürmte eine schwer bewaffnete Hundertschaft der Polizei am 25. August 2022 die Remmo-Villa in  Alt-Buckow. Ein Clanmitglied wurde festgenommen.  BK

Gewalttaten: Auch hier gab es einen deutlichen Anstieg auf 70.374 erfasste Taten (plus 14 Prozent). Darunter waren rund 44.400 Körperverletzungen und 5016 Raubtaten. Handtaschenraub und Raubüberfälle steigen um rund ein Viertel – liegt aber immer noch unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Viele Taten ereigneten sich im Sommerhalbjahr in bekannten Parks wie Hasenheide, Gleisdreieck und Görlitzer Park. Schwerpunkte gab es aber auch in Spandau am Stadtrand. „Wo mehr los ist, passiert auch mehr“, sagt Polizeipräsidentin Slowik. Und: Die Täter werden immer jünger. Der Anteil der Kinder und der Jugendlichen stieg um 71 bzw. 31 Prozent.

Die Jugendgewalt steigt um 20 Prozent auf 24.799 Fälle

Jugendgewalt: Die Zahl der Täter unter 21 Jahren klettert um 20 Prozent auf 24.799. Bezogen auf alle Altersgruppen sind somit 18,2 Prozent der Täter jünger als 21 Jahre alt. Das sind rund 25.000 Verdächtige. Darunter waren 10.678 Jugendliche und 5007 Kinder. Bei 3317 Taten wurden Messer verwendet (plus 19,4 Prozent), die Jugendbandengewalt ging auf 1873 Fälle (plus 24,3 Prozent) nach oben. Slowik sagt, angesichts dieser problematischen Entwicklung gebe es schon länger mehrere Präventionsprojekte für Jugendliche, um sie von Gewalttaten wie Überfällen auf Gleichaltrige abzuhalten. Dazu gehört auch ein bekanntes Projekt mit dem Titel „Messer machen Mörder“. Spranger betont, man müsse eine „Sozialisation zur Kriminalität“ bei den Kindern verhindern und dabei auch bei den Elternhäusern ansetzen.

Häusliche Gewalt: Obwohl die Menschen wieder raus können, hat sich hier der Trend leider nicht umgekehrt. Die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt stieg um 1633 auf 17.263, das sind noch mal zehn Prozent mehr als 2021.

Diebstahl und Einbruch: Mehr Leute auf der Straße erhöhen auch die Chancen für Diebe. Und im Umkehrschluss: Sind weniger Leute zu Hause, steigen die Chancen für Einbrecher. Diebstähle machen mit rund 213.800 Taten (plus 19 Prozent im Vergleich zu 2021) einen großen Teil der Taten aus. Darunter waren rund 16.400 Taschendiebstähle. Die Zahl der Wohnungseinbrüche nahm um 23,5 Prozent zu, die Einbrüche in Villen und Einfamilienhäuser haben sich sogar verdoppelt. Autodiebstahl nahm um 30 Prozent zu (5581 Fälle), Ladendiebstahl um 17 Prozent (34.022 Fälle) und Fahrraddiebstahl um 13 Prozent (28.801 Fälle).  

Auch der steigende Spritpreis macht Diebe. Immer mehr Autofahrer tanken, ohne zu zahlen. Es gibt doppelt so viele Tankbetrug-Fälle wie noch im Jahr 2019, im Vergleich zum Vorjahr schossen die Fälle um 51 Prozent nach oben, auf jetzt 8865.

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Angriffe auf Rettungskräfte: Erwartungsgemäß ging auch hier die Zahl nach oben. 1565 Polizisten verletzt, 16 davon schwer meldet. 90 Feuerwehrleute und Rettungskräfte wurden leicht und ein Mitarbeiter schwer verletzt.

Rechtsextremismus: 2189 Delikte aus diesem Bereich wurden von der Polizei gezählt. Vor allem waren das Propagandataten (1022 Fälle), Beleidigungen und Verleumdungen (558 Fälle) sowie Volksverhetzungen (267 Fälle). Zudem wurden 138 Gewaltdelikte erfasst.

Linksextremismus: Hier ging die Zahl der Straftaten deutlich auf 958 Fälle zurück (minus 37 Prozent), vor allem weil es weniger Auseinandersetzungen um besetzte Häuser und Räumungen gab. Dazu zählten 124 Gewalttaten (minus 69 Prozent) und 412 Sachbeschädigungen und 250 Nötigungen und Bedrohungen.

Antisemitismus: Die Polizei zählte 381 Fälle, davon 25 Gewaltdelikte.

Taten in Verbindung mit dem Krieg Russland gegen die Ukraine: In diesem Zusammenhang erfasste die Polizei 582 Straftaten, davon 39 Gewalttaten und 35 Propagandadelikte. Hinzu kamen Sachbeschädigungen, Bedrohungen und weitere Taten.

Taten in Verbindung mit Klima- und Umweltschutz: Dieser Bereich taucht mit 404 Fällen in der Kriminalstatistik auf. 317 Fälle wurden der Gruppe Letzte Generation zugeordnet.