Berlin gibt Raubkunst aus Afrika zurück – DARUM bleibt ein Teil trotzdem erstmal hier
Kunstwerke waren von den Briten in einem Kolonialkrieg geraubt worden, Deutschland kaufte sie am Ende des 19. Jahrhunderts

Es war ein blutiger Raubzug mit gewaltiger Beute, den britische Truppen 1897 im Königreich Benin unternahmen. Eine „Strafexpedition“ nach dem Überfall von Kriegern des Königreichs auf Briten wurde zur Plünderungsorgie: Die Stadt Benin wurde zerstört, der Palast des Königs verwüstet, das Königreich fand ein Ende. Die Beute – vor allem Tausende der kunstvollen „Benin-Bronzen“ – wurde in alle Welt verhökert, auch Deutschland kaufte ein. Jetzt wurden die 512 Stücke an Nigeria zurückgegeben, auf dessen heutigem Territorium das Königreich bestanden hatte.
164 Schätze aus Metall, Holz oder Leder bleiben zunächst auf zehn Jahre in Berlin, werden als Leihgabe im Humboldt-Forum ausgestellt. Die meisten sind aus Metall, bestehen dann trotz der Bezeichnung „Bronzen“ auch aus Messing oder Eisen.

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Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und Abba Isa Tijani, Generaldirektor der nigerianischen Museums-Kommission, hatten am Donnerstag virtuell einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet, jeder in seinem Büro. Zuvor, am 1. Juli, hatten Deutschland und Nigeria ein Abkommen über die Rückgabe der Benin-Bronzen in deutschen Museen unterzeichnet.
Rückgabe der Beute-Kunst nach Afrika soll noch 2022 beginnen
Erste Objekte, die deutsche Museumsleute 1898 entgegen dem Vorurteil eines „wilden “Afrika als mit handwerklicher Meisterschaft geschaffene Kunst erkannt hatten, sollen noch 2022 nach Nigeria zurückkehren. Laut Parzinger vermutlich zusammen mit Stücken aus anderen deutschen Museen. Er sprach von der größten Rückgabe von Objekten mit kolonialem Hintergrund, damit sei „koloniales Unrecht anerkannt“.
Tijani sprach von einer Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Museen, „in der den legitimen Forderungen anderer Nationen und traditioneller Institutionen Respekt und Würde entgegengebracht werden“. Er forderte Museen außerhalb Deutschlands auf, dem Beispiel nachzueifern, hielt zugleich fest, dass sie bereits eine Rückführung vorbereiten.

Beute-Kunst aus Nigeria in vielen deutschen Museen
Mehr als 1100 der kunstvollen Stücke aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das als Edo State heute zu Nigeria gehört und mit dem Staat Benin nur den Namen gemein hat, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die meisten neben dem Ethnologischen Museum Berlin in Stuttgart, Hamburg, Dresden und Leipzig. Alles, was einst nach Deutschland gekommen war, kann nicht zurückgegeben werden: Rund 400 Stücke, während des 2. Weltkriegs nach Schlesien ausgelagert, sind verschollen.
Wegen der Rückgabe musste die Abteilung des Ethnologischen Museums im Humboldt-Forum, die für die Bronzen vorgesehen ist, umgeplant werden. Museumsdirektor Lars-Christian Koch: „Gemeinsam mit den nigerianischen Partnern haben wir die ursprünglich geplante Präsentation komplett überarbeitet. Wir erzählen die Geschichte des Königreichs Benin und seiner Eroberung, und zeigen neben den historischen Objekten auch Werke zeitgenössischer Künstler, etwa Filme, Textilien oder Bronzegüsse, die heute noch nach auf traditionelle Weise hergestellt werden.“
Im Humboldt-Forum werden weiter afrikanische Benin-Kunstwerke gezeigt. Als Leihgabe.
Der erste von zwei Benin-Räumen wird den Gedenkkopf einer Königinmutter aus dem Palast ins Zentrum stellen. Drumherum werden Bedeutung und Geschichte der Objekte, der Sammlung und ihrer Rückgabe dargestellt. Für den zweiten Raum wurden rund 30 historische Objekte ausgewählt, die laut SPK die gesamte Bandbreite der höfischen Kunst Benins aufzeigen. Ihnen wird zeitgenössische Kunst aus Nigeria gegenübergestellt, die heutzutage noch traditionelle Techniken nutzt. Insgesamt sollen rund 40 Stücke gezeigt werden, die von Zeit zu Zeit mit denen aus dem Depot ausgetauscht werden können.
Eröffnet wird die Benin-Schau zusammen mit den bislang nicht fertiggestellten Räume des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst am 17. September.