Wander-Helden: Laura und Meik liefen durch Deutschland, um Theater zu retten
Nach 750 Kilometern Fußmarsch kamen die Bühnen-Fans jetzt in Berlin an, wurden im Admiralspalast in Empfang genommen – unter anderem von Sänger Max Raabe und Burlesque-Star Sheila Wolf.

Noch immer ist die Corona-Krise verheerend für die Kulturlandschaft – Theater, Künstler, Veranstalter sehen bisher keine Perspektive, wann sie endlich wieder Geld verdienen können. Um auf die Situation aufmerksam zu machen, wagten sich zwei junge Bühnen-Fans in das Abenteuer ihres Lebens: Laura Kuhlen und Meik Gudermann wanderten von Köln nach Berlin, besuchten auf dem Weg Kulturschaffende. Jetzt kamen sie an.
Mit offenen Armen wurden die beiden Wanderer am Dienstag im Innenhof des Berliner Admiralspalast in Empfang genommen – nach rund 750 Kilometern Fußmarsch. Schon vor Wochen hatten sich die beiden, die selbst in der Show-Branche arbeiten, auf den Weg gemacht. „Als die Bühnen am 13. März schließen mussten, wussten wir: Es wird ein langer, harter Weg, bis die Branche wieder zur alten Form zurückfindet“, sagte Gudermann nach der Ankunft in Berlin. „Also beschlossen wir, ein Zeichen zu setzen – und den Weg einfach zu gehen.“

Auf dem Weg statteten sie vielen Theatern einen Besuch ab, übernachteten in Schlafsäcken auf der Bühne oder im Backstage-Bereich der leeren Häuser. Die Aktion, die sie „Kulturkilometer“ tauften, sollte auf die Situation der privaten Bühnen aufmerksam machen. „Kultur ist wichtig, denn sie ist für jeden da“, sagt Gudermann dem KURIER. „Unabhängig von Hautfarbe, Religion, sexueller Orientierung oder sozialer Zugehörigkeit ist hier einfach jeder Willkommen.“ Mit dieser Mission im Hinterkopf hätten sie nie den Gedanken gehabt, die Tour abzubrechen. „Aber der Anfang war hart“, sagt Kuhlen. „Am schlimmsten war der zweite Tag – und das Laufen in der prallen Sonne.“
Kultur ist systemrelevant. Jeder, der behauptet, dass Kunst nicht wichtig für unsere Gesellschaft ist, hat keine Ahnung von Kunst oder unserer Gesellschaft. Ich finde es abartig, wenn jemand die Branche so infrage stellt.
Maik Klokow, Chef von Mehr-BB Entertainment
Empfangen wurden die Wanderer herzlich – unter anderem von Maik Klokow, dem Chef von Mehr-BB Entertainment – zu der Gruppe gehört auch der Admiralspalast. Die letzten 43 Kilometer begleitete er die Wanderer nach Berlin. Und fand harte Worte: „Kultur ist systemrelevant. Jeder, der behauptet, dass Kunst nicht wichtig für unsere Gesellschaft ist, hat keine Ahnung von Kunst oder unserer Gesellschaft. Ich finde es abartig, wenn jemand die Branche so infrage stellt.“ Er hoffe, dass der Entertainment-Sektor die Unterstützung bekommt, die er verdient.

Auch Sänger Max Raabe kam, um die Wanderer zu begrüßen. „Es ist wichtig, dass es solche Initiativen gibt“, sagte er dem KURIER. „Alle Welt spricht über Fußballspiele und Flüge, aber wenn private Theater nicht mehr spielen, bricht ein wichtiger Teil des Lebens weg.“ Er selbst habe „nach einem Monat der Lethargie“ die Zeit genutzt, um neue Stücke zu schreiben. „Man konnte proben, aber ein Konzert ohne Publikum ist sinnlos.“ Die Liebe der beiden Wanderer zur Kultur-Szene bewundert auch Burlesque-Star Sheila Wolf. Für sie sei die Corona-Zeit eine „kulturelle Depression“, vor vier Monaten spielte sie ihre letzte Show. „Und noch weiß niemand, wie es weitergeht.“