Termine sind für Kassenpatienten nur sehr weit im Voraus verfügbar.
Termine sind für Kassenpatienten nur sehr weit im Voraus verfügbar. dpa/Sina Schuldt

Eigentlich sollte es eine Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland nicht geben. Doch obwohl Studien es nahelegen und mehrere Parteien auch immer wieder die Abschaffung des Nebeneinanders von gesetzlicher und privater Krankenversicherung thematisieren, ist der große politische Wurf bislang ausgeblieben. Eine Untersuchung zeigt nun, wie drastisch die Unterschiede in der Gesundheitsversorgung zwischen Privat- und Kassenpatienten in Berlin sind.

Berlin: Kassenpatienten warten deutlich länger auf Termine

Im Jahr 2019 wurde das Terminservice- und Versorgungsgesetz verabschiedet. Es besagte, dass gesetzlich Versicherte genauso schnell einen Arzttermin bekommen sollten wie Privatversicherte. Zentrale Terminservicestellen sollten für mehr Gleichheit sorgen, doch was in der Theorie gut klang, scheint in der Praxis nicht wirklich zu funktionieren. Was viele gesetzlich Versicherte im Gefühl hatten, wird nun durch eine Datenrecherche des Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) bestätigt.

Demnach würden Kassenpatienten in Berlin bis zu dreimal länger auf einen Termin beim Facharzt warten wie Privatpatienten. Das geht laut der Recherche aus Terminangeboten der Plattform „Doctolib“ hervor. In der Analyse schauten sich die RBB-Journalisten Termine in den Bereichen Dermatologie, Gynäkologie, Orthopädie und Neurologie an. Besonders groß waren die Unterschiede demnach bei den Hautärztinnen und Hautärzten. Während Privatpatienten hier im Mittel schon nach 22 Tagen einen Termin bekamen, mussten gesetzlich Versicherte im Mittel 76 Tage warten. 

Bei der Neurologie warten auch Privatpatienten lange

Aber auch in den anderen Fachbereichen waren die Wartezeiten höchst unterschiedlich. Am geringsten war der Unterschied demnach im Bereich der Neurologie, wo die 62 Warte-Tage der Kassenpatienten nur gut eine Woche über den 54 Warte-Tagen der Privatpatienten liegen. 

Ein Dermatologe bei der Arbeit.
Ein Dermatologe bei der Arbeit. Imago/Yay-Images

Viele Studien zeigen: Privatpatienten werden bevorzugt

Immer wieder zeigen Studien, dass Privatpatienten bevorzugt behandelt werden. Bereits 2017 hatte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung nach Anfragen in knapp tausend Arztpraxen „strukturelle Ungleichheiten beim Zugang zum Gesundheitssystem“ attestiert. Das war jedoch vor 2019, als mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz einiges besser werden sollte. 

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Den Grund für diese Ungleichbehandlung sehen Experten darin begründet, dass Ärzte für dieselbe Leistung bei Privatpatienten weiterhin deutlich mehr Geld abrechnen können. Viele Privatpatienten zu behandeln sei schlicht lukrativ. Und so bleibt vielfach die Forderung im Raum, die Krankenversicherung zu vereinheitlichen. Eine Umsetzung gibt es bislang allerdings nicht.