Drei Monate nach der Eröffnung des BER bleibt der Lärmschutz rund um den drittgrößten deutschen Flughafen eine Baustelle.
Drei Monate nach der Eröffnung des BER bleibt der Lärmschutz rund um den drittgrößten deutschen Flughafen eine Baustelle. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Drei Monate nach der Eröffnung des BER bleibt der Lärmschutz rund um den drittgrößten deutschen Flughafen eine Baustelle. „Die bauliche Umsetzung ist bislang eher schwach“, sagte der Leiter der Schallschutzprogramms, Ralf Wagner, im Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Etwa 60 Millionen Euro seien dafür bislang ausgegeben worden. Insgesamt umfasst das Programm nach seinen Angaben rund 730 Millionen Euro. Viele Anwohner werden aber auch mit Geld entschädigt. „Der Schallschutz ist kein Ruhmesblatt dieses Flughafens“, kommentierte SPD-Fraktionsvize Jörg Stroedter.

Der Flughafen war im Oktober mit neun Jahren Verspätung eröffnet worden. „Bei vielen Eigentümern hat lange Zeit der Glauben gefehlt, ob der BER eröffnet wird“, sagte Wagner. Sie wollten demnach abwarten, wie laut es tatsächlich wird. Manche seien auch falsch informiert und rechneten damit, dass die Ansprüche noch erhöht werden. Für rund 4000 der 26 000 fraglichen Wohnungen ist noch kein Antrag gestellt; dies ist noch bis 2025 möglich. Wie laut der Flughafen einmal sein wird, können die Anwohner auch jetzt schwer sagen - es wird wegen der Corona-Krise kaum geflogen. Nur eine der beiden Start- und Landebahnen ist in Betrieb. Das neue Terminal 2 war zur BER-Eröffnung gar nicht erst mit ans Netz gegangen, am 23. Februar schließt vorübergehend auch Terminal 5, der frühere Flughafen Schönefeld.

CDU-Mann: BER hätte gar nicht in Betrieb gehen dürfen

Flüge werden dann nur noch über das neue Hauptterminal T1 abgewickelt, wie die Flughafengesellschaft (FBB) am Freitag mitteilte. Damit spart das finanziell angeschlagene Staatsunternehmen eigenen Angaben zufolge rund 25 Millionen Euro im Jahr. Beim Schallschutz werde es wegen der Corona-Krise aber keine Abstriche geben, versicherte Wagner. Fast alle bisherigen Antragsteller haben nach seinen Worten ohnehin Anspruchsermittlungen erhalten - Bescheide, mit denen sie entweder Handwerker beauftragen können oder Geld als Entschädigung erhalten können. An vielen Häusern sind aber noch keine Schallschutzfenster, Dämmungen und Lüfter eingebaut. Wer zu lange zögert, zahlt möglicherweise drauf. Die Flughafengesellschaft kompensiert steigende Baukosten nur, wenn sie selbst es ist, die die Verzögerung zu verantworten hat.

Unterdessen sind schon 277 Millionen Euro an Entschädigungen mit Geld geflossen. Dazu kommt es, wenn es mehr als 30 Prozent des Verkehrswerts eines Hauses kosten würde, den Schallschutz einzubauen. Allein im sogenannten Tagschutzgebiet sind mehr als 7000 Wohnungen betroffen. „Die Eigentümer können mit dem Geld machen, was sie wollen“, sagte Wagner. Die Mittel würden sehr schnell abgerufen. Wagner riet aber dazu, sie für Schallschutz einzusetzen. Entsprechende Beratungsangebote würden aber kaum genutzt.

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Der CDU-Abgeordnete Christian Gräff sagte: „Sie hätten den BER gar nicht in Betrieb nehmen dürfen.“ Nach seiner Lesart der Planfeststellung hätte der Schallschutz zur Inbetriebnahme komplett umgesetzt sein müssen. Wagner widersprach. Das Vorgehen sei behördlich genehmigt. „Wir können nicht dafür haftbar gemacht werden, wenn die Eigentümer nicht umsetzen.“ Gräff stellte auch die gutachterlich festgestellten Grundstückswerte in Frage. Ursprünglich hatte die Flughafengesellschaft 140 Millionen Euro für das Programm veranschlagt. Ein Gerichtsurteil zwang sie 2013 zu einem Neustart des Programms, eine weitere gerichtliche Korrektur gab es 2018. Insgesamt wurden nach Unternehmensangaben bislang 409 Millionen Euro ausgegeben - außer für Baumaßnahmen und Entschädigungen auch für Gutachter-, Planungs- und Steuerungskosten.