Bei Michel Würthle waren die Promis zu Gast: Der legendäre Wirt der „Paris Bar“ ist tot
1970 kam der gebürtige Österreicher nach Berlin. Neun Jahre später übernahm er das Lokal, in dem Normalos und Stars wie David Bowie oder Robert de Niro saßen.

Er war ein Künstler. Aber es waren nicht Bilder oder sonst etwas, mit dem Michel Würthle zu Weltruhm gelangte. Es war ein Lokal. Ein Restaurant. Nein, viel besser: Die „Paris Bar“, deren Schöpfer nun im Alter von 79 Jahren verstorben ist.
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Die „Paris Bar“ – jeder hat einmal von ihr gehört, auch wenn er dort noch nie gewesen sein sollte. Eine Lokalität, wie es sie nirgendswo auf der Welt ein zweites Mal gibt, wo sich Berliner Schnauze mit internationaler Prominenz trifft. Wo an jedem Tisch, an dem man sich setzt, garantiert schon einmal ein Star gesessen hat. Die „Paris Bar“ an der Kantstraße ist wie der nahe Kudamm, der Zoo oder der Funkturm ein Wahrzeichen des alten West-Berlins und bis heute eine Legende.
Ihr Schöpfer ein Österreicher, der irgendwie per Zufall in unsere Stadt kam. Das war 1970, als Würthle mit einer Air-France-Maschine in Tempelhof landete – aus Paris kommend. Dass er eine Berliner Legende mit Weltruhm erschaffen werde, daran hat er vielleicht damals noch gar nicht gedacht.
Würthle hatte Kunst in Wien studiert, zog dann nach Paris, um im Westen des geteilten Berlins Karriere zu machen. Nicht mit seinen Zeichnungen oder Collagen, sondern mit der Kunst der menschlichen Geselligkeit beim Essen und vor allem beim Trinken.

Der Wirt der „Paris Bar“: Michel Würthle hatte sein erstes Berliner Lokal in Kreuzberg
In Kreuzberg baute Würthle mit seinem Freund Oswald Wiener sein erstes Lokal auf. Die beiden Österreicher fern der Heimat nannte den Laden sinnigerweise „Exil“. Ein Künstler-Treff, in dem David Bowie , Otto Sander , Peter Stein , Rainer Werner Fassbinder ihr Exil in der Großstadt fanden.
Doch Würthle wollte mehr. Er wollte eine Lokalität schaffen, die man nie vergessen wird. Die „Paris Bar“, die es schon in Charlottenburg als Wohnzimmer der Boheme gab. 1979 erwarb Würthle das Restaurant zusammen mit einem Jugendfreund. Und er schaffte es, aus der „Paris Bar“ den Ort zu machen, über den man überall in der Welt spricht. Einen Ort, in dem ganz normale Menschen mit den großen Stars zusammenkamen.
Und die Promis kamen zahlreich: David Bowie, Billy Wilder, Udo Walz, Hannelore Elsner, Harald Juhnke. Weltstars wie Robert De Niro und Gina Lollobrigida saßen an den Tischen – und natürlich Otto Sander. Für den Schauspieler mit Berliner Herz und Schnauze war in der „Paris Bar“ immer ein Platz reserviert. Ein Messingschild mit seinem Namen war am Tresen angebracht.
Würthle war der König des Berliner Nachtlebens, in der in seiner „Paris Bar“ Hof hielt, wo sich jedermann stilvoll berauschen konnte. Und wer als Künstler knapp bei Kasse war, konnte auch bei Wirt Würthle mit einem Kunstwerk bezahlen. Viele davon hängen in der Bar.
Die Leidenschaft für die Kunst behielt Würthle bis zum Schluss bei: Erst 2021 erschienen sein Werk „Paris Bar Press Confidential“, in dem er mit Collagen, Zeichnungen und kurzen Texten die Pandemie-Zeit der „Paris Bar“ dokumentierte.