Baumpfleger schlägt Alarm: Große Sorge um Berliner Stadtbäume!
Die Dürre im März macht den Berliner Bäumen zu schaffen. Und dabei kommt der Sommer erst noch.

Berlins Straßenbäumen geht es schlecht. Jedes Jahr verschwinden mehr von ihnen, als dass neue hinzukommen. Und die Bäume, die an den Fahrbahnen und in den Parks stehen, Schatten spenden und CO2 aufnehmen, haben unter Dürre, Stürmen und Starkregen zu ächzen. Timo Bitter ist Geschäftsführer von Baumpflege Bittner, einem der größten Baumpflegeunternehmen in Berlin. Der 33-Jährige sieht die Schäden an Berliner Bäumen jeden Tag bei der Arbeit.
Wasser pladdert aus dem ausgeblichenen Feuerwehrschlauch, den Timo Bittner und sein Mitarbeiter Chris Herwy auf den jungen Baum richten. Die Ulme ist im vergangenen Jahr gepflanzt worden, jetzt tun die Baumpfleger alles dafür, dass sie ihren ersten, viel zu trockenen März übersteht. Mit einem Wasserwagen fahren Bittner und seine 35 Mitarbeiter derzeit bis zu 120 Jungbäume am Tag an. Das Wasser tanken sie an Hydranten nach.
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Kaum Regen: Ein junger Baum braucht 150 Liter pro Woche
150 Liter Wasser benötigt ein junger Baum in der Woche um gut zu wachsen. Zwar war der Februar feucht, doch jetzt, im März und April, sind Bäume besonders durstig. Sie brauchen noch einmal mehr Wasser, damit sie gut austreiben können. Saftdruckerhöhung heißt der Fachbegriff: Unten muss genug Wasser an den Wurzeln sein, damit es nach oben steigen und die Knospen zum Aufbrechen bringen kann.
Mit fünf Wasserfahrzeugen sind die Baumpfleger aus Marienfelde daher derzeit unterwegs. Im Treptower Park sorgt sogar ein Traktor für das lebenswichtige Nass. „Normalerweise müssen wir sonst erst ab Ostern wässern“, sagt Timo Bittner. In diesem Jahr aber ist die Trockenheit schon früher ein Problem.

Die zweite Baustelle, an der Bittner und seine Mitarbeiter zu tun haben, ist Beseitigung von Sturmschäden. Allein die Verheerungen des letzten Sturms aufzuräumen dauert an. Seit Wochen sind Bittner und seine Mitarbeiter dabei, entwurzelte Bäume zu zersägen, abgebrochene Äste wegzuschaffen und Baumstümpfe aus dem Boden zu holen. „So schlimm war es noch nie“, sagt der 33-Jährige. Es lägen noch immer Bäume auf Laubendächer, sie kommen nicht hinterher.
Auch manche Auswirkungen des Dürre-Sommers 2018 sind jetzt erst zu spüren. Dürre Äste brechen, ganze Kronenteile von Bäumen sind vertrocknet und müssen zurück geschnitten werden. Birken gehen innerhalb von sechs bis sieben Wochen ein und müssen gefällt werden.
Trockenheit fördert Anfälligkeit für Schädlinge
In Kleingärten muss Bittner Fichten kappen, weil die Bäume sich des Borkenkäfers nicht erwehren können. Hätten sie genug Wasser, könnten sie Harz gegen den Käfer produzieren. Die Trockenheit befördert auch die Verletzlichkeit gegenüber Schädlingen.
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Meteorologen haben vorhergesagt, dass dieser März der trockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnung würde. In manchen Gegenden in Berlin und Brandenburg hat es 40 Tage am Stück keinen Niederschlag gegeben. Und so rufen auch die Bezirke, wie etwa Lichtenberg, die Berliner auf, die Gießkannen in die Hand zu nehmen. „Lichtenberg hat 4.000 Jungbäume und diese müssen bis zu zehn Jahre lang gewässert werden“, sagt Umweltstadtrat Martin Schaefer. Jeder Liter Wasser zusätzlich für unsere Jungbäume ist eine Investition in die Zukunft unserer Stadtbäume!“, so der Stadtrat. Und dabei heißt es klotzen, nicht plempern: „15 bis 20 Liter Wasser sind in heißen Sommern in 20 Minuten verdunstet“, sagt Timo Bittner. Mehr Wasser hilft auch im Frühling mehr.

Timo Bittner setzt bei seiner Arbeit längst nicht nur auf Manpower sondern auch auf Technik. Etwa 1000 Bäume in Berlin sind mit einer Sonde am Wurzelballen ausgestattet. Sie schlägt auf einer eigens entwickelten App bei Bittner und seinen Mitarbeitern Alarm, wenn ein Baum zu wenig Wasser hat. Dann fahren sie raus und gießen.

Vier Milliarden für Aktionsprogramm des Bundes
Auch die Bundesregierung will stärker auf natürliche Ressourcen wie Moore, Wälder und Meere setzen, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen. Bis 2026 sollen vier Milliarden Euro in Schutz und Renaturierung fließen, das sieht das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ vor. „Wir werden diese natürlichen Ökosysteme schützen, stärken und wiederherstellen“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke, als sie in Berlin das Paket vorstellte. Doch in der Hauptstadt sorgt erst einmal eine Haushaltssperre dafür, dass Aufträge für wichtige Baumpflegearbeiten und Wässerung nicht erteilt werden. Doch ein Baum wartet nicht, bis wieder Geld fließt. Aufforsten ist teurer als Bäume erhalten.
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Urbaner Klimaschutz - aber in Berlin gilt Haushaltssperre
Zur Stärkung des „urbanen Klimaschutzes“ wie im Aktionsplan des Bundes vorgesehen, sollen bundesweit außerdem bis zu 150.000 Stadtbäume gepflanzt werden. Ebenso sollen Stadtparks geschützt und gestärkt werden, weil diese für kühle Luft sorgten und Schatten spendeten, erklärte die Bundesministerin. „Klimaschutz ist Krisenvorsorge“, sagte sie.
Doch in den Straßen- und Grünflächenämtern der Bezirke herrscht Personalmangel und auch Timo Bittner hat Mühe, geeignete Fachkräfte zu finden. Die Arbeit sei körperlich anstrengend, sagt er vorteilhaft wäre auch ein Führerschein. Wer soll sie also machen, die wichtige Arbeit an den grünen Oasen der Stadt? Oft fänden Quereinsteiger in den Beruf, so Bittner. Erzieher, Ingenieure, Manager. „Kaum ein Beruf ist so sinnvoll und erfüllend“, sagt Chris Herwy und steigt in den Tankwagen. Morgen drehen sie wieder eine Runde für die jungen Bäume in Berlin.