30 Jahre Kleinkunst-Wahnsinn
Bar jeder Vernunft! SO schrill feierte Renate Künast die Helden der Kleinkunstszene
Auch viele andere kamen zur großen Jubiläumsgala. Dabei würde es die Bar jeder Vernunft ohne Meret Becker heute gar nicht geben.

Eine beispiellose Erfolgsserie im rauen Berliner Kulturbetrieb ist am Mittwochabend ausgelassen gefeiert worden. 30 Jahre Bar jeder Vernunft und 20 Jahre Tipi am Kanzleramt! Für die Heldinnen und Helden der Kleinkunstszene gab es Glückwünsche, Applaus, viel Lob und noch viel öfter Anerkennung und Bewunderung.
Das muss man sich einmal vorstellen: Ein Anarchist und Linksextremist erhält Berufsverbot. Als politischer Aktivist und Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds darf er nicht Lehrer werden, und so wird er halt Kulturschaffender und was für einer. Der Mann heißt Holger Klotzbach, er zieht nach Berlin, gründet und erfindet dort mehrere Kultureinrichtungen, alles mit viel Rabatz und großer revolutionärer Lust.
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Die berühmteste und berüchtigtste von Klotzbachs Erfindungen wird die Bar jeder Vernunft. Sie steht auf einem Parkdeck in Wilmersdorf. Erstmals 1992. Seitdem toben sich dort im Spiegelzelt Berlins große Nachwuchstalente aus.
Kleine Kunst auf hohem Niveau, das ist das Konzept: Ex-„Tatort“-Kommissarin Meret Becker startet hier durch, Stand-up-Diseuse Georgette Dee, die Geschwister Pfister, Katharine Mehrling, ebenfalls Max Raabe und Eckart von Hirschhausen, um nur einige zu nennen. Inzwischen sind das alles große Namen. Aber trotzdem sind sie Klotzbach und dem Co-Gründer der „Bar“, Lutz Deisinger, bis heute treu geblieben.
Die „Bar“ – sie wird zum Brutkasten der Berliner Schrill-Kultur. Nicht immer seriös, aber oho! Hier gibt es Artistik, Travestie, Kabarett, Ironie, Chanson und „kleine Momente des Strahlens“ zu bestaunen, wie Maren Kroymann betont, die bei der Gala am Mittwochabend leider fehlte.
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Ja, ja, die „Bar“! Fast hätte es sie nur einige Monate gegeben. Wären nicht Meret Becker und die legendären Nachtsalons gewesen, in denen bis 6 Uhr morgens tapfer gespielt wurde. „Es hatte nicht gereicht, es waren nicht allzu viele Leute da“, erinnert sich Klotzbach im Berliner KURIER. „Wir sollten im Oktober oder November 1992 ja schon abbauen. Ich hab’ meinen damals frisch erworbenen Steinway-Flügel verkauft, um die Löhne zu bezahlen. Aber unsere damaligen Schirmherren Otto Sander und Wim Wenders haben immer gesagt, ihr müsst weitermachen. Der Kick war dann, dass Meret Becker uns versprach, ich mache ein Varieté-Programm der neuen Art.“ Und mit genau diesem Programm macht die „Bar“ wieder auf, der Rest ist Geschichte.
Ex-„Tatort“-Star Meret Becker hat die Bar jeder Vernunft gerettet
Das bürgerliche Publikum kommt in Scharen und jubelt, 2002, zehn Jahre später, eröffnet Klotzbach das Tipi am Kanzleramt, und inzwischen arbeiten 150 Leute für das Unternehmen. „Meret Becker hat uns gerettet“, sagt Klotzbach. „Ohne sie gäbe es uns heute nicht, da bin ich mir sicher.“ Und das ist nun wirklich typisch Berlin: Wer hier seine Zelte aufstellt, der lässt sie dann auch stehen. Mindestens in diesem Sinne ist der gebürtige Duisburger Holger Klotzbach längst ein waschechter Berliner geworden.
Zur großen Jubiläumsgala im Tipi erschienen jetzt die drei ehemaligen Regierenden Bürgermeister Berlins, Walter Momper, Klaus Wowereit und Michael Müller. Dazu Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die mit Klotzbach seit mehr als 40 Jahren befreundet ist, außerdem Kultursenator Klaus Lederer. Wowereit sagte „im Namen von 3,7 Millionen Berlinern“ Danke. Claudia Roth merkte an: „Ich komme gerade aus Odessa und deswegen bin ich total underdressed.“

Die Kulturstaatsministerin schwärmte vom Ausblick ihrer Büro-Terrasse im Kanzleramt: Vorne das Parlament und hinten das Tipi. Beides gleichermaßen Institutionen und Orte der Demokratie. Weitere Gäste des leicht schrillen und schwer aufgekratzten Abends waren unter anderem Antje Kapek und Renate Künast von den Grünen, die Rennclub-Vorsitzende Tini Gräfin Rothkirch, Bausenator Andreas Geisel, Berlins Tourismus-Chef Burkhard Kieker, Kulturmanager Moritz van Dülmen, Filmproduzentin Regina Ziegler, Wintergarten-Chef Georg Strecker und Filmemacher Pepe Danquart.
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