Tierschutz für Niedlich-Nager
Bamberg guckt sich Berliner Eichhörnchen-Brücke ab
Die luftigen Seil-Brücken über viel befahrenen Straßen retten viele Eichhörnchen-Leben.

Viele gute Erfindungen kommen aus Berlin: So auch eine Eichhörnchen-Brücke, die es in Berlin schon seit 2014 gibt. Die wohl günstigste Brücke der Stadt besteht aus einem 40 Millimeter starken Kunststofftau in einer Höhe von neun Metern am Müggelseedamm. An zwei gegenüberliegenden Straßenseiten angebracht, ist das Tau 21 Meter lang und soll den Eichhörnchen den Weg über die Straße ersparen. Als 2019 eine von Aktion Tier angebrachte Kamera demontiert wurde, waren 57 Nager auf dem Seil „geblitzt “worden. Eine Erfolgsstory, die nun auch in Bayern Nachahmer findet.
Lesen Sie auch: Als Prenzlauer Berg das Little Italy Berlins war>>
Da der Autoverkehr für Tiere oft eine Todesfalle ist, haben sich in Memmelsdorf bei Bamberg Ehrenamtliche an die Berliner Tierschützer gewandt, um ebenfalls eine Eichhörnchen-Brücke zu bauen.

Meistgelesen
Rezept des Tages
Geniales Rezept für Kartoffelsuppe: So deftig, fein und lecker
Blick in die Sterne
Horoskop für heute: Freitag, 29. September 2023 – für alle Sternzeichen
Verkehrsvorschau
Achtung, Berlin: Am Freitag sind SECHS S-Bahnen unterbrochen!
Was im TV nicht gezeigt wird
„Hochzeit auf den ersten Blick“: DAS passiert in der Hochzeitsnacht bei Alex und Heiko
Sie war verschwunden
War es Mord? Leiche von vermisster Marie Sophie (14) gefunden
Die Meedensdorfer Straße in Memmelsdorf ist wie auch der Müggelseedamm eine stark befahrene Ausfallstraße – und sie ist stellenweise dicht von hohen Bäumen bewachsen. Hier springen viele Eichhörnchen von Ast zu Ast. Wollen die Tiere auf die andere Seite, mussten sie bis vor kurzem über die gefährliche Straße.
20 tote Eichhörnchen im Jahr
„Ungefähr 20 überfahrene Eichhörnchen lagen hier jedes Jahr auf der Straße“, erzählt Baumpfleger Michael Schenzel. Eine Bekannte von ihm aus dem Memmelsdorfer Ortsteil Meedensdorf, die sich für Tierschutz engagiert, habe ihn auf die tödliche Gefahr für die Nagetiere aufmerksam gemacht. Auch in Berlin war es einem Tierfreund, einem Mitarbeiter des dortigen Leibniz-Institutes, aufgefallen, dass an dieser sehr stark befahrenen Straße regelmäßig Hörnchen überfahren werden.
Michael Schenzel ist als Baumpfleger auch zertifizierter Baumkletterer und verfügt über entsprechende Ausrüstung. Er nahm Kontakt mit dem Berliner Verein Aktion Tier auf, dessen Mitglieder ihn über Eichhörnchen-Brücke informierten.
Um die Berliner Hörnchen zum Beispiel schnell an ihre neue Luftbrücke zu gewöhnen, wurden sie mithilfe von Futterkästchen angelockt, die an beiden Seilbäumen angebracht wurden. Erfahrungen aus England und Amerika zeigen, dass die schlauen Nager schnell diese alternativen Überquerungsmöglichkeiten entdecken, so Aktion Tier. Bereits 1963 sei in Longview (USA) eine schmale Hängebrücke für Eichhörnchen über eine große Straße gespannt worden. Auch in Aberdeen (Schottland) wurde eine solche Brücke über eine vierspurige Umgehungsstraße gebaut. In Deutschland wurde das erste Eichhörnchenseil im November 2012 unter Mitwirkung der Piratenpartei in der ostwestfälischen Kleinstadt Vlotho errichtet.

Tierschützer für Eichhörnchen
Das jüngst gespannte Seil sei eine Spezialanfertigung aus Polypropylen mit einer Lebensdauer von zehn bis 15 Jahren, sagt Michael Schenzel. Um die Eichhörnchen auf die Brücke zu locken, ist auch hier an jedem Ende des Seils ein Kasten mit Spezialfutter angebracht. „Auf einer Seite ist der Kasten schon leer“, sagt er. Das sei ein Hinweis darauf, dass die Eichhörnchen die Brücke nutzen. Rund um die Uhr beobachtet werde diese nicht.
Lesen Sie auch: Berlins beste Currywurst gibt’s in Neukölln – und Curry Paule verrät zwei Rezepte>>
Seines Wissens sei die Memmelsdorfer Eichhörnchen-Brücke erst die fünfte derartige Konstruktion in Deutschland, sagt Michael Schenzel. Weitere sind die erwähnte in Berlin-Friedrichshagen, eine in München-Gern, Trier und Vlotho (Nordrhein-Westfalen). Im Mai 2023 installierte die oberbayerische Gemeinde Krailling (Landkreis Starnberg) eine solche „Luftbrücke“ zwischen zwei Bäumen.
Juliana Neumayer von der Eichhörnchen-Auffangstation Bamberg versucht oft, angefahrene Eichhörnchen zu retten. „Leider ist die Überlebenschance in solchen Fällen sehr schlecht“, berichtet die Tierschützerin, die ebenfalls an der Errichtung der Memmelsdorfer Eichhörnchen-Brücke beteiligt war. „Die Verletzungen sind oft einfach zu tief. Ich schätze, etwa 90 Prozent der Tiere sterben daran.“ In einigen Fällen überlebten die angefahrenen Eichhörnchen nicht einmal den Weg zur Auffangstation.

Eichhörnchen-Auffangstationen retten Eichhörnchen
Manchmal päpple sie Jungtiere auf, deren Mutter überfahren wurde, erzählt Juliana Neumayer. Einmal bekam sie einen Anruf, weil auf einer Straße in Bamberg eine Eichhörnchenmutter überfahren worden war. Ihr Jungtier, das sie im Maul trug, sei „wie durch ein Wunder“ unversehrt geblieben, erzählt Neumayer. Gemeinsam mit Michael Schenzel fand sie das Nest mit vier weiteren Eichhörnchenjungen und brachte diese zur Auffangstation.
Die Gefahr, die ihnen durch Autos droht, könnten Eichhörnchen nicht richtig einschätzen, sagt Neumayer: „In der Paarungszeit jagen die Männchen den Weibchen hinterher und achten nicht auf ihre Umwelt.“ Manchmal gingen die kleinen rötlich braunen Nager auf die Straße, weil es keinen anderen Weg zu ihrem Ziel gebe. „Aber wenn es möglich ist, gehen Eichhörnchen immer über die Bäume“, erklärt die Tierschützerin – dort seien sie auch vor Greifvögeln besser geschützt als am Boden. Deshalb ist Juliana Neumayer zuversichtlich, dass das zwischen zwei Bäumen gespannte Seil in Memmelsdorf viele Eichhörnchenleben retten wird.