Ein Kellner räumt einen Tisch in einem Restaurant ab. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten im Gastgewerbe kann sich laut einer Umfrage einen längeren Verbleib in der Branche nicht vorstellen. 
Ein Kellner räumt einen Tisch in einem Restaurant ab. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten im Gastgewerbe kann sich laut einer Umfrage einen längeren Verbleib in der Branche nicht vorstellen.  Sebastian Gollnow/dpa

Montag Ruhetag. Küche erst ab 18 Uhr. Suche Mitarbeiter für den Service. Schilder mit Aufschriften wie diesen hängen zuhauf in den Fenstern von Berliner Restaurants und Cafés. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten im Berliner Gastgewerbe kann sich einer Gewerkschafts-Umfrage zufolge nicht vorstellen, noch länger zu kellnern, zu kochen oder anderweitig in der Gastronomie zu arbeiten. Eine Branche blutet aus. Und das hat Gründe.

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Die Mitarbeiter empfinden vor allem den Zeitdruck sowie kurzfristige Änderungen der Arbeitszeiten als belastend. Und den Personalmangel, der die anderen Probleme verschärft. Das gelte sowohl für kleine familiengeführte Betriebe als auch für bekannte Luxus-Hotelketten.

Zeitdruck und fiese Arbeitszeiten lassen Beschäftigte abwandern 

„Eigentlich ist das so ein schöner Job. Ein Job, der Spaß macht, in dem man jeden Tag etwas anderes erlebt. Leider wird das kaputt gemacht“, sagte Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft NGG bei der Vorstellung der Studie. „Diese Branche braucht einen echten Neustart.“

Die Touristen sind zurück und lassen bei Berliner Hotels die Kasse klingeln. Die aber finden immer schwerer Mitarbeiter. 
Die Touristen sind zurück und lassen bei Berliner Hotels die Kasse klingeln. Die aber finden immer schwerer Mitarbeiter.  dpa/Jörg Carstensen

Als Hauptgründe für eine Abkehr von dem Beruf nannten die Befragten zu niedrige Löhne, einen Mangel an Wertschätzung durch Arbeitgeber und ungünstige Arbeitszeiten. Ohne grundlegende Veränderungen dürfte sich die dramatische Personalsituation in vielen Restaurants, Bars und Hotels weiter zuspitzen, warnte die NGG und forderte: „3000 Euro pro Monat, das muss für Fachkräfte in Zukunft das Minimum sein.“ Die Arbeitgeber der Branche müssten „flächendeckend bessere Arbeitsbedingungen schaffen“.

3000 Euro für Fachkräfte in  der Gastronomie 

„In anderen Bereichen kann man durch weniger harte Arbeit dasselbe verdienen.“ Zahlreiche Hotelfachkräfte oder Kellner seien während der Krise in andere Branchen abgewandert: Rund 300.000 Fachkräfte wechselten ihr Berufsfeld. Zahlreiche Mitarbeiter sind in Berlin in den letzten zwei Jahren vor allem zu Verkehrsbetrieben wie der BVG abgewandert.

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Befragt wurden von Anfang Mai bis Anfang August 4074 Beschäftigte der Branche. Knapp die Hälfte arbeitet im Beherbergungsgewerbe, ein Drittel in der Gastronomie und 19 Prozent im Bereich Catering.

Seinen realen Umsatz konnte das Gastgewerbe im August zwar verglichen mit dem Vorjahresmonat deutlich um 16,9 Prozent steigern. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau im August 2019 stand aber noch ein Minus von 5,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

Touristen kommen wieder gern nach Berlin 

Berlin zieht als Metropole wieder fast so viele Touristen an wie vor der Pandemie. Allein im August übernachteten 2.804.597 Gäste in der Stadt – und die bringen Geld mit. Betriebe, die mehr Geld zu Verfügung haben, können bessere Arbeitsbedingungen bieten. „Berlin ist diesbezüglich in einer privilegierten Lage, die Stadt ist aber dennoch nicht von der Krise ausgenommen“, erklärt Sebastian Riesner, Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG für die Region Berlin-Brandenburg. 

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Aber auch hier seien deutliche Probleme zu erkennen: erheblicher Fachkräftemangel, eingeschränkte Öffnungszeiten, reduzierte Speisekarten und nur zur Hälfte belegte Hotels. In Brandenburg, abseits von touristischen Zentren wie Potsdam, sei die Lage noch dramatischer.