Autos müssen draußen bleiben: Ein Teil der Friedrichstraße ist seit Montagmorgen wieder dicht – und so umfahren Sie die Sperrung
Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte die Maßnahme am vergangenen Mittwoch mitten im Wahlkampf angekündigt

Neuer Akt im Drama Friedrichstraße. Nachdem ein 500 Meter langer Abschnitt von der grünen Verkehrssenatorin erst für Autos gesperrt und dann per Gerichtsbeschluss wieder freigeklagt wurde, müssen Autofahrer in Berlin-Mitte ab diesem Montag wieder Umwege in Kauf nehmen. Der umkämpfte Abschnitt der Friedrichstraße wird diesmal zur Fußgängerzone und damit erneut für den Pkw-Verkehr gesperrt. Mit dem Vorstoß brüskierte Verkehrssenatorin Jarasch auch den Koalitionspartner.
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Teile der Friedrichstraße sind ab Montagvormittag offiziell Fußgängerzone. Die dafür offiziell notwendige „Verfügung zur Umwidmung“ ist nach Angaben der Verkehrsverwaltung am Freitag im Amtsblatt veröffentlicht worden und gilt damit ab Montag.
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Der betreffende gut 500 Meter lange Abschnitt zwischen Leipziger Straße und Französischer Straße ist dann dauerhaft für den Pkw-Verkehr gesperrt. Radfahrer sollen die parallel verlaufende Charlottenstraße nutzen, die seit November des vergangenen Jahres Fahrradstraße ist. Das heißt aber auch: Um die Sperrung zu umfahren, müssen sich Autofahrer jetzt neue, noch weitere Wege durch den Kiez suchen.
So umfahren Sie die Sperrung: Aus Richtung Kreuzberg eignet sich die Glinkastraße. Allerdings nicht in umgekehrter Richtung, da sie zwischen Tauben- und Behrenstraße Einbahnstraße ist. Auf der Wilhelmstraße muss man durch das oft zugestaute Nadelöhr Französische Straße, das die Wilhelmstraße vor der Britischen Botschaft gesperrt ist. Die Ebert- bzw. Stresemannstraße ist eine etwas entferntere Alternative. Schleichwege führen auch durch den Kiez am Gendarmenmarkt. Über die kleinen Straßen an der Staatsoper zur Französischen Straße und dann weiter über die Markgrafen- oder die Kurstraße zur Leipziger Straße.
Bettina Jarasch (Grüne) sperrt die Friedrichstraße, Franziska Giffey (SPD) ist sauer
Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte die Maßnahme am vergangenen Mittwoch mitten im Wahlkampf angekündigt – und damit viel Kritik auch innerhalb der Koalition provoziert.

„Diese Aktion ist nicht im Senat abgestimmt. Ich halte diesen Alleingang auch nicht für durchdacht“, erklärte Franziska Giffey (SPD). „Ich stehe weiterhin für eine Gesamtlösung für die Mitte der Stadt, die mit den Gewerbetreibenden in der Friedrichstraße und in den umliegenden Straßen erarbeitet und abgestimmt wird.“ Für diese Lösung müssten genügend Mittel eingestellt werden, damit eine echte, attraktive Flaniermeile Wirklichkeit werden könne. „Das sehe ich hier nicht“, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin.
Die richtige Umgestaltung beginnt erst in ein paar Jahren
Nach Angaben der Mobilitätsverwaltung soll es zunächst eine einwöchige Umbauphase geben. Unter anderem sollen Sitzmöbel aufgestellt werden. Informationsstellen an den Zugängen der Fußgängerzone sollen die dort geltenden Regeln erklären. So gilt auf dem Abschnitt von Montag an auch ein Parkverbot. Im Frühling ist zusätzlich eine Begrünung geplant. In einem weiteren Schritt soll dann die langfristige Umgestaltung des autofreien Abschnitts angegangen werden, die nach Jaraschs Einschätzung mehrere Jahre dauern wird.

Der Abschnitt, der nun zur Fußgängerzone wird, war ab August 2020 im Rahmen eines Verkehrsversuchs schon einmal für Autos gesperrt worden. Für Fahrradfahrer wurden damals breite Radspuren in beide Richtungen auf der Fahrbahnmitte eingerichtet. An den Seiten entstanden Sitz- und Verweilflächen für Fußgänger. Das Projekt endete im Oktober 2021. Die Sperrung für Autos blieb nach dem Ende des Versuchs allerdings bestehen.
Das Berliner Verwaltungsgericht gab einer Klage dagegen Recht. Ende November wurde der Abschnitt für Autos zunächst wieder freigegeben. Jarasch hatte allerdings schon unmittelbar danach angekündigt, er solle zur Fußgängerzone umgewidmet werden.
Dagegen gab es in der vergangenen Woche bereits deutliche Proteste. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin warf Jarasch Aktionismus vor. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner bezeichnete die Entscheidung für die Fußgängerzone als Irrweg, FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja als „nächste Sauerei“ gegen „alle Widerstände und gegen die Interessen der Menschen vor Ort“.
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Der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) kritisierte die Entscheidung als Wahlkampfaktion und als vergebene Gelegenheit einer gemeinsamen Gestaltung der Berliner Mitte. Zusammen mit dem Hotel- und Gaststättenverband Berlin und dem Aktionsbündnis Rettet die Friedrichstraße will der HBB am Montag über die Auswirkungen auf Gewerbetreibende und Anrainer informieren.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte die kurzfristige Ankündigung der Fußgängerzone als nicht durchdachten Alleingang der Senatorin bezeichnet und Jarasch vorgehalten, das sei nicht im Senat abgestimmt gewesen.