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Corona-Rassismus: Berliner Asiaten teilen ihren Schmerz im Netz

Manchmal fallen nur dumme Sprüche, ein anderes Mal kommt es zu körperlichen Angriffen. Die Berichte machen nachdenklich, und sie gehen unter die Haut.

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Seit Corona werden sie komisch angeschaut. Manchmal fallen dumme Sprüche oder es kommt sogar zu körperlichen Angriffen. Einige Menschen mit asiatischen Wurzeln erleben seit dem Beginn der Pandemie eine Diskriminierung, die sie so noch nicht kannten.    

Jetzt haben sich  Studenten und Angestellte in den Bereichen Kunst, Medien, Strategie und Web-Entwicklung zusammengeschlossen und die Internetseite ichbinkeinvirus.org freigeschaltet. Es ist ein ehrenamtliches Projekt.  „Mit dem Anstieg des Rassismus gegen asiatisch gelesene Menschen auf globaler Ebene durch Covid19 haben wir uns bestärkt ein Netzwerk vor allem für Betroffene zu kreieren“, heißt es auf der Homepage.

Obwohl die Homepage erst seit dem 29. Mai online ist, finden sich schon zahlreiche Corona-Erfahrungen von Betroffenen. In Berlin leben 165.000 Menschen mit einem asiatischem Migrationshintergrund. Sie fürchten die Stimmung, die sich verändert.

Böse Blicke und Kontaktvermeidung

Die Berichte machen einen nachdenklich, sie gehen unter die Haut. Da ist zum Beispiel die junge Frau Meiji (34) aus Berlin-Mitte. „Meine Eltern sind Hongkong-Chinesen und aufgrund meines Äußeren ist mein Leben seit drei Monaten die Hölle.“ Jedes Mal, wenn sie die Haustür verlasse, werde sie böse angeguckt. Dabei war sie das letzte Mal vor drei Jahren in Hongkong und trage das Virus definitiv nicht. Später habe sie einen blauen Aufkleber an der Tür gefunden, vom dem sie dachte, er wäre von der AfD. Die junge Frau konnte nicht schlafen.

Hier lesen Sie: Mehr Übergriffe seit Corona: Macht uns Asiaten nicht zu Sündenböcken! >>

Meiji schreibt weiter: „Neulich habe ich einer Frau mit Kinderwagen meinen Sitzplatz im Bus angeboten, sie wollte aber lieber stehen als sich auf meinen Platz zu setzen. Wohl, weil sie befürchtet hat, dass ich den Sitzplatz kontaminiert haben könnte.“ Sie sei den Tränen nahe gewesen. Die Erfahrungen seien so schmerzhaft, dass sie schon länger mit dem Gedanke spiele auszuwandern, erzählt sie.

Eine Mutter mit koreanischen Wurzeln berichtet auf der Seite, dass ihre Kinder im Kita-Alter die Augenlieder auseinanderziehen und Lieder singen. Die Empfehlung einer deutschen Kita-Erzieherin: Die Mutter soll sich an eine Erzieherin mit Migrationshintergrund wenden.

Wie hoch die Dunkelziffer ist, ist unklar.

Ein sechsköpfiges Team, die meisten sind selbst betroffen, betreut die Seite. Unverblühmt schreiben die Macher: „Nicht nur Covid-19 verbreitet sich, auch Rassismus verbreitet sich in der Krise mehr und mehr.“

Der Staatsschutz  meldet mehr Angriffe auf asiatisch aussehende Menschen: Sieben gezielte Attacken kamen bis Anfang Mai zur Anzeige. Anfang Juni waren es schon zehn. „In diesen Ermittlungsverfahren sind die Geschädigten Adressaten von Beleidigungen, Körperverletzungen (durch Anhusten) mit inhaltlichem Bezug zur Pandemie geworden“, schreibt die Polizei. Wie hoch die Dunkelziffer ist, ist unklar.

Der Artikel wurde im Vergleich zu einer früheren Version geändert.