Ein Justizmitarbeiter schob Steffen F. (51) in den Gerichtssaal.
Ein Justizmitarbeiter schob Steffen F. (51) in den Gerichtssaal. Pressefoto Wagner

Der „Immobilien-Experte“ wurde im Rollstuhl in den Saal geschoben: Nach einem dreisten Haus-Klau mit gefälschten Unterlagen und Laien-Schauspielern wird Steffen F. (51) der Prozess gemacht.

Ein Coup, an dem auch zwei Männer aus dem Clan-Milieu, ein Kaufmann und ein Notar beteiligt gewesen sein sollen. Hinterlistig wollten sie einem älteren Ehepaar ein millionenschweres Mietshaus in Friedrichshain wegnehmen.

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In einem ersten Prozess wurden vier Männer verknackt. Damals hatten zwei Angeklagte aus der Abou-Chaker-Großfamilie nach fünfmonatiger Verhandlung gestanden – und auch F., den sie als „Immobilien-Experten“ bezeichneten, belastet. Zwei Tage nach ihrer Aussage Ende Oktober klickten für F. die Handfesseln.

Nun brachten ihn Justizwachtmeister im Rollstuhl in den Saal. Ein Sanitäter wurde gerufen. Die Türen schlossen sich. 27 Minuten später ging es für F. zurück in die U-Haft: „Der Angeklagte ist heute nicht verhandlungsfähig.“ Aus gesundheitlichen Gründen.

Angeklagter Steffen F. war nicht verhandlungsfähig

Mit Luxusautos soll F. einst unterwegs gewesen sein. Doch dann Schulden – mit einer Million Euro soll er bei Clan-Männern in der Kreide gestanden haben. Der Haus-Coup wurde laut Anklage ausgeheckt. Als Anteil für seinen Tatbeitrag hätten ihm die Brüder aus dem Clan-Milieu die Tilgung seiner Schulden in Aussicht gestellt.

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Seine Aufgabe soll es gewesen sein, Informationen zu dem Grundstück zu beschaffen, die den Haus-Klau erst ermöglicht hätten. So habe er laut Ermittlungen einen Grundbuchauszug besorgt.

Ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück, eine schuldenfreie Immobilie (Verkehrswert sechs Millionen Euro). Ein Altbau, vier Stockwerke. Besitzer ein betagtes Hamburger Ehepaar – beide um die 80.

Als Ärztin Hiltrud S. am 4. Januar 2020 aus heiterem Himmel die Kündigungsbestätigung der Wohngebäude-Versicherung erhält, traute sie ihren Augen nicht: „Ich fiel aus allen Wolken.“ Dem Schreiben war zu entnehmen, dass ihr das Haus nicht mehr gehörte, einer Firma überschrieben wurde.

Eine „Enteignung“, die mit falschen Unterlagen, fingierten Vollmachten, einer eigens dafür gegründeten Firma lief. Und mit zwei angeheuerten Laiendarstellern, die bei einem Notar mit gefälschten Ausweisen die angeblich verkaufswilligen Eigentümer spielten.

Eine Grundbuchbeamtin wurde getäuscht: Am 6. November 2019 wurden das Hamburger Paar als Eigentümer gelöscht. Hiltrud und Johann-Conrad S. waren völlig ahnungslos. Erst nach monatelangem Rechtsstreit mit für sie 140.000 Euro Kosten wurden sie wieder im Grundbuch eingetragen.

Im ersten Prozess stand für die Richter fest: „Nach dem simulierten Kauf und dem Grundbuch-Eintrag sollte schnell weiterverkauft werden.“ Es sei ein fast erfolgreicher Angriff auf das Eigentum des Ehepaares gewesen.

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Die Clan-Brüder bekamen jeweils vier Jahre und zehn Monate Knast. Kaufmann Rainer G. (56) erhielt sechs Jahre und neun Monate. Zu dreieinhalb Jahren wurde ein Notar verurteilt. Die Strafen sind allerdings noch nicht rechtskräftig. Nächster Anlauf für den Prozess gegen F.: 12. Juli.