Angeklagt: Der Mann, der Boris Becker leimte, soll einen Riesen-Betrug unternommen haben
Der mutmaßliche Kopf der Bande soll Boris Becker 2018 einen Diplomatenpass beschafft haben, der ihn vor dem Insolvenzverfahren schützen sollte.

Ein mutmaßlicher Betrüger, der 2018 Boris Becker einen am Ende wirkungslosen Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik beschafft hatte, der den Tennisstar nicht vor dem Insolvenzverfahren, Festnahme und Haft schützte, soll in einen groß angelegten Schwindel mit Arbeiten berühmter Fotografen verwickelt sein. Jetzt sitzt der Geschäftsmann, der den Diplomatenpass-Deal mit einem Twitter-Foto mit sich, einem afrikanischen Diplomaten und Becker begleitet hatte, in Berlin in Untersuchungshaft. Er war am BER geschnappt worden, als er von einer Reise zurückkehrte.
Gegen den 55-jährigen gebürtigen Hessen, vom Spiegel als Stephan Welk identifiziert, und zwei weitere Männer (48, 72) wurde Anklage unter anderem wegen (meist gescheitertem) gewerbs- und bandenmäßigen Betruges und Urkundenfälschung in 15 Fällen oder Beihilfe erhoben. Ein Mann (50) und eine Frau (31) sind wegen Geldwäsche mit angeklagt.
Lesen Sie auch, wie Eisenbahner am Freitag Deutschland lahmlegen wollen >>
Es geht um den Versuch, Millionen zu kassieren – mit vorgeblich echten Originalen der Aufnahmen von Fotokünstlern wie Cindy Sherman, Helmut Newton, Nan Goldin oder Robert Mapplethorpe. Es waren aber wertlose Digitaldrucke.

Angebliche Verkäuferin der Fotos war offenbar erfunden
Dafür sollen die Beschuldigten zwischen Oktober 2020 und Dezember 2021 ein großes Theater aufgezogen haben. Sie sollen eine „Nina Brenninkmeijer“ erfunden haben, die angeblich Inhaberin einer großen Foto-Sammlung von Fotografien sei.
Lesen Sie hier, wie die weite Welt guten Essens in Grünau anlegt >>
Um die Existenz der Frau zu belegen, legten zwei der Männer potenziellen Käufern die Kopien niederländischer und litauischer Ausweise vor, die aber so falsch waren wie das Foto darauf: Es zeigt eine australische Ärztin.
Die Staatsanwaltschaft: „Mit notariell beglaubigten Passkopien der angeblichen Voreigentümerin und mittels gefälschter Transportbelege sowie durch die Einschaltung von spezialisierten Kunstspeditionen sollen sie die Bilder in Berlin, Köln und dem hessischen Kelsterbach zahlreichen Interessenten angeboten haben.“
Auch die Künstler-Signaturen und Provenienzangaben auf den Digitaldrucken sollen nicht von den Künstlern stammen.

Bis zu 6,6 Millionen Euro wollten die mutmaßlichen Betrüger mit wertlosen Fotos erzielen
Einige nahmen die Kaufangebote, die sich je nach Zahl der Werke und Künstler zwischen 1,5 und 6,6 Millionen Euro bewegten, oft erst nach mehrwöchigen Verkaufsverhandlungen nicht an. Eine New Yorker Galerie hätte beinahe 2,4 Millionen Dollar für acht der Fotografien bezahlt, wenn diese nicht kurz zuvor am 2. Juli 2021 durch die Polizei beschlagnahmt worden wären.
Eine Schweizer Investmentfirma zahlte allerdings im November 2020 tatsächlich 1,5 Millionen Euro auf ein Notar-Anderkonto. Den Angeschuldigten soll es dann mithilfe der wegen Geldwäsche Beschuldigten gelungen sein, die Weiterleitung des Geldes an sich zu veranlassen.
Laut Spiegel gehört diese Firma einem Bayern, der in der Corona-Pandemie millionenschwere Schutzmasken-Geschäfte mit dem deutschen Gesundheitsministerium gemacht hatte ...
Boris Becker soll von dem jetzt angeklagten Geschäftsmann einen Diplomatenpass vermittelt bekommen haben
Der wurde ebenso geleimt wie der Leimener Boris Becker, der sich mit dem Diplomatenpass vergeblich diplomatische Immunität verschaffen wollte. Er wurde 2018 in Brüssel ehrenamtlicher „Attaché für Sport und kulturelle Angelegenheiten“ der Zentralafrikanischen Republik in der EU.
„Ich werde in meiner neuen Funktion alles daran setzen, die Zentralafrikanische Republik, die noch eine Vielzahl von wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Problemen zu bewältigen hat, auf ihren mit dem Präsidenten Touadéra begonnen Weg zu unterstützen“, sagte Becker damals. Der Traum der Immunität aber platzte.
Der damalige Außenminister Charles Armel Doubane erklärte im Juni 2018, der Diplomatenpass sei gefälscht, der Insolvenzverwalter akzeptierte ihn nicht.
Welk, der ihm den Job in Brüssel verschafft hatte, wurde 2019 laut Spiegel festgenommen und saß monatelang in Untersuchungshaft, bis er auf Kaution freigelassen wurde. Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwalt wegen des mutmaßlichen Handels mit Diplomatenpapieren kleiner afrikanischer Staaten dauern aber an. Der Spiegel erhielt auf Nachfrage keine Stellungnahme des Verteidigers von Welk zu den Vorwürfen der Strafverfolger in Berlin und München.