Mauermuseum fällt bei Umfrage durch

Am Checkpoint Charlie steht das schlechteste Museum Deutschlands

Auf der Grundlage von Google-Bewertungen belegt das Haus bei einem Ranking den letzten Platz. Der KURIER wollte wissen, was dran ist. Ein Besuch. 

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Das Mauermuseum am Checkpoint Charlie ist bei Touristen beliebt. Auf Google äußerten sie aber auch Kritik.  
Das Mauermuseum am Checkpoint Charlie ist bei Touristen beliebt. Auf Google äußerten sie aber auch Kritik.

Zu lange Erklärtexte, kein roter Faden, seit 20 Jahren habe sich hier nichts verändert. Das Mauermuseum am Checkpoint Charlie wurde laut dem Verbraucherportal Testberichte.de zu einem der schlechtesten Museen Deutschlands gewählt. Grundlage für die Auflistung von 450 Museen mit je über 100 Besuchern waren 640.000 Google-Bewertungen.

Bei Touristen ist das Mauermuseum am Checkpoint Charlie ein Muss. Berliner verirren sich für 14,50 Euro Eintritt eher selten in die labyrinthartigen Räume am Checkpoint Charlie. In diesen Tagen ist es leer, die beste Zeit also für einen Besuch im angeblich schlechtesten Museum der Republik.

Zu lange Erklärtexte, kein roter Faden

Gleich zu Beginn wird klar: Ja, es gibt ellenlange Texttafeln. In Englisch, Französisch, Russisch und Deutsch sind die ausführlichen Erklärungen zu verschiedensten Themen zu lesen. Der Rundgang startet mit einer Würdigung Raoul Wallenbergs. Der schwedische Diplomat wurde durch seinen Einsatz zur Rettung ungarischer Juden während des Holocaust berühmt. Was das mit der Mauer zu tun hat? Einiges. Noch lange nach dem Bau der Mauer bleibt bis heute unklar, was mit Wallenberg nach Kriegsende in der Sowjetunion wirklich geschah.

Es schließen sich Stationen mit Karteikarten zum Suchen von im Krieg vermissten Angehörigen an, zum Korea-Krieg, zum 17. Juni. Über eine steile Treppe dringt man flankiert von Schülerzeichnungen weiter vor in das verschachtelte Gebäude.

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Flucht im Mini, die verschiedenen Exponate erzählen deutsch-deutsche Geschichte. Ebenso lange Erklärtexte.

Eröffnet wurde das Museum im Jahr 1963, die Handschrift des Gründers Rainer Hildebrandt ist noch deutlich in der Konzeption der Ausstellung zu spüren. Im ersten Stock hängen die Wandtafeln, die er gemeinsam mit DDR-Flüchtlingen, Studenten und Mitstreitern herstellte. Wer die Sammlung Hildebrandts mit dem Sieger des Museums-Rankings, dem Mercedes Museum in Stuttgart vergleichen will, muss scheitern. „Das Gebäude war ein Wohnhaus, die Räume sind nicht für ein Museum gebaut“, sagt Alexandra Hildebrandt. „Bei uns erzählen die Wände, jeder Raum eine Geschichte. Dieses Haus ist genuin, ein Original.“

Hier lesen Sie: Gründer des Mauermuseums: Rainer Hildebrandt (✝ 2004): Wann findet er endlich seine letzte Ruhe? >>

So wie es in den Wirren der Geschichte schwierig ist, einem roten Faden zu folgen, ist es auch beim Rundgang im Mauermuseum. Doch dass sich in all den Jahren nichts verändert habe, will Alexandra Hildebrandt, die das Erbe ihres Mannes stoisch pflegt, so nicht stehen lassen. „Das ist schlicht nicht wahr. Die Ausstellung zur Luftbrücke, zur Nato, zu Wallenberg sind neu hinzugekommen. Vitrinen wurden erneuert. Das Haus ist mit der Geschichte gewachsen und es hat Geschichte geschrieben“, so Hildebrandt.

Ursache doch die politische Haltung des Hauses?

Höhepunkte des Rundgangs sind die verschiedenen Fluchtfahrzeuge: ein Kanu, ein Lautsprecher und natürlich der Heißluftballon, mit dem die Flucht in den Westen gelang. Ob man allerdings wirklich alle der interessanten Geschichten über Einzelschicksale entdeckt, bleibt leider Glückssache.

Die wenigen Besucher an diesem Tag sind dennoch zufrieden. „Es ist schon interessant, wenn auch etwas unübersichtlich. Für die Kinder zu wenig interaktiv.“ Aber einen Regentag könne man hier gut zubringen, sagt die Familie aus München, die das Haus lange Zeit für sich hat. 

Der Rundgang erfordert Konzentration, dieses Museum will nicht gefällig daherkommen. Es trage vielmehr einen Geist weiter: „Nicht zurückzuschrecken, wo andere schweigen“, sagt der Mitarbeiter an der Kasse. „Wissen Sie, Google-Bewertungen sind käuflich. Sie sind keine glaubwürdige Grundlage für so eine Auflistung“, sagt Alexandra Hildebrandt. Und weiter: „Dieses Museum ist ein politisches Statement, das gefällt vielleicht nicht jedem.“