Alexander Saldostanow Gründer des Motorradclubs Nachtwölfe. 
Alexander Saldostanow Gründer des Motorradclubs Nachtwölfe.  Imago/ ITAR-TASS

Putin-Rocker werden sie genannt, Nachtwölfe. Russische Nationalisten sind sie. Am Samstag, den 29. April startete eine Kolonne von Motorradfahrern des größten russischen Motorradclubs unter dem Namen Nachtwölfe, im Süden Moskaus. Nach Berlin sollte sie eine Rallye führen, im Gedenken an den Sieg über Nazideutschland. Hunderte Biker, die Wladimir Putin bedingungslos unterstützen, sind auf dem Weg. Dass die Rocker auf der „Route des Sieges“ allerdings bis nach Deutschland kommen, ist aussichtslos. Der Ukraine-Krieg beschert den Putin-Getreuen seit Langem Einreiseverbote.

Angeführt wird die Rallye von Moskau mit dem notgedrungen neuen erklärten Ziel Mariupol, von Alexander Saldostanow, dem Chef und Gründer der „Nachtwölfe“, einem Freund Putins.

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Saldostanow ist wegen seiner Unterstützung für Russlands Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel im Jahr 2014 mit westlichen Sanktionen belegt, ebenso Mitglieder seines Clubs.  Die Rocker wenden also denselben Trick wie im Jahr 2022 an. Den Teil der Tour durch Deutschland übernehmen deutsche Ableger und Sympathisanten der Rockergruppe: Putins sächsische Rocker vom Nachtwölfe Germany MC.

Mitglieder der Nachtwölfe legen am Ehrenmal im Tiergarten Blumen nieder. 
Mitglieder der Nachtwölfe legen am Ehrenmal im Tiergarten Blumen nieder.  AP Photo/Markus Schreiber

Nachtwölfe am Treptower Ehrenmal und am 17. Juni erwartet 

In Prieros, südlich von Berlin,  haben sie sich eingemietet, ausgerechnet in der Nähe von ebenfalls dort untergebrachten ukrainischen Flüchtlingen, berichtet die MAZ. Am Montag waren die Rocker schon in Oranienburg unterwegs.  Auf einen Besuch des dortigen KZ Sachsenhausen verzichteten sie aber notgedrungen. Sie hätten ihre Kutten ablegen müssen. Stattdessen legten sie Blumen auf einem Sowjetischen Friedhof in Oranienburg nieder. „Mittlerweile sind unsere Brüder aus Belarus, Serbien, Tschechien, Balkan, Mazedonien und viele andere Biker eingetroffen“, heißt es auf der Facebook-Seite des Clubs. 

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Am Dienstag wurde die Rocker-Delegation dann am Treptower Ehrenmal erwartet, wo zuvor auch Egon Krenz  und der Botschafter der Russischen Föderation Sergei Jurjewitsch Netschajew Blumen ablegten.

Sergei Jurjewitsch Netschajew, Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park.
Sergei Jurjewitsch Netschajew, Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park. Christoph Soeder/dpa

Auf Schritt und Tritt werden die Nachtwölfe Germany in Berlin und Brandenburg von der Polizei überwacht und begleitet. Bisher habe es aber keine Vorkommnisse oder strafbaren Handlungen gegeben, sagte eine Polizeisprecherin am Montag.

Wer sind die russischen Nachtwölfe

Der Rockerclub Nachtwölfe existiert seit über 30 Jahren. Vom Motorradclub á la Hells Angels wandelten sich die „Notschnyje Wolki“ zu einer nationalistischen Truppe, die Putins Politik unterstützt und Großrussland erträumt.

Alexander Sergejewitsch Saldostanow Gründer der Nachtwölfe 
Alexander Sergejewitsch Saldostanow Gründer der Nachtwölfe  CC BY 4./Duma.gov/ru

Saldostanow: Türsteher in West-Berlin 

Der Chef der Biker, Alexander Saldostanow, Sohn einer Russin und eines Ukrainers, kennt sich in Berlin gut aus. Soldastanow war 1985 wegen der Liebe aus Moskau nach West-Berlin gekommen, schreibt die taz. In einem besetzten Haus in der Winterfeldtstraße 36 zog er ein und war schnell Teil der West-Berliner Punk-Szene, arbeitete als Türsteher im Club Sexton, hat Kontakte zu den Hells Angels. Damals zählt auch Sascha Disselkamp, Betreiber des Sage Club, zu Saldostanows Bekannten.

Alexander Saldostanow, Spitzname „der Chirurg “

Zurück in Moskau gründete der studierte Arzt – daher sein Spitzname Chirurg – Saldostanow seinen eigenen Club und machte ihn zum Hauptquartier seines Motorradvereins. Erst Anfang der 2000er, nachdem er als Unternehmer Geld gemacht hatte, wird Saldostanow mehr und mehr politisch. Ein sichtbarer Wendepunkt: die Annexion der Krim durch Russland, bei der der gebürtige Sewastopoler und sein Trupp mitmischen. 

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Im Januar 2015 gründet Saldostanow die Initiative Anti-Maidan und bekommt von Putin dafür einen Orden für unverbrüchliche Treue. „Ich bin immer mehr der Überzeugung, dass der Westen unser Feind ist“, hatte er schon 2014 in einem Interview gesagt.

Homosexualität ist eine Krankheit 

Seitdem ist Saldostanow als Beschützer des Russisch-Orthodoxen Christentums unterwegs, Homosexualität ist demnach in seinen Augen eine Krankheit. Die Auflösung der Sowjetunion ist sein Trauma, Stalin ein Held.

Mitglieder des Nachtwölfe am 9.5. 2020 am Ehrenmal in Berlin Treptow. 
Mitglieder des Nachtwölfe am 9.5. 2020 am Ehrenmal in Berlin Treptow.  Imago / Rolf Zöllner

Aufschlussreich ist ein Interview aus dem Jahr 2015  mit der Rheinischen Post: „Das ganze Leben habe ich bisher für die Freiheit gekämpft. Nur führt der Teufel den Freiheitssuchenden häufig auf Abwege. Nach dem Kommunismus ringen wir wieder mit und um die Freiheit“, sagt er da. Diesmal verteidige man sich gegen den Satan, so Saldostanow. Wen er damit meine, wird Saldostanow gefragt: „Den Westen, die Weltregierung“, antwortet er. 

Zur vereitelten Fahrt nach Berlin und den Einreisebeschränkungen veröffentlichte der Anführer der Nachtwölfe eine Videobotschaft: Ob die polnischen Behörden es wollen oder nicht, wir werden alle früh in Berlin sein. (...)  Wenn wir in den Treptower Park fahren, wo wir zusammen mit unseren europäischen Brüdern die geschändeten Gräber der Befreier besuchen, verwandeln sich unsere Motorräder in feurige Streitwagen. (...)  Und dann sind wir nicht mehr aufzuhalten.“