Die Angeklagte Dr.  Babett R.  (60, r.) mit ihren  Verteidigerinnen.
Die Angeklagte Dr. Babett R. (60, r.) mit ihren Verteidigerinnen. Pressefoto Wagner

Das gesunde Kind wurde entbunden, der sehr kranke Zwilling danach im Mutterleib mit Kaliumchlorid totgespritzt. Fast zwölf Jahre später droht zwei Top-Medizinern der Verlust ihrer Approbation.

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Zwei Ärzte mit glänzenden Karrieren auf der Anklagebank: Klaus V. (73), Professor und langjähriger Chefarzt, sowie Babett R. (60), leitende Oberärztin. Eine anonyme Anzeige brachte das Verfahren ins Rollen.

Die Mutter der Zwillinge war in der 32. Woche, als es am 12. Juli 2010 wegen plötzlicher Wehen zum Kaiserschnitt kam. Ein gesundes Mädchen wurde geboren. Dann töteten die Ärzte den Zwilling, bei dem eine schwere Hirnschädigung diagnostiziert worden war. So hatte es die Mutter gewollt. Die Mediziner sagten später, sie hätten gedacht, dass ihr Vorgehen rechtlich zulässig war.

„Ärzte wissen, dass es verboten ist, ein Kind im offenen Mutterleib totzuspritzen.“

Schuldig des gemeinschaftlichen Totschlags in einem – juristisch – minderschweren Fall, urteilte das Landgericht im November 2019. Der Richter: „Ärzte wissen, dass es verboten ist, ein Kind im offenen Mutterleib totzuspritzen.“

Der angeklagte Mediziner, Prof. Dr. Klaus V. (75)
Der angeklagte Mediziner, Prof. Dr. Klaus V. (75) Pressefoto Wagner

Nun drohen den beiden berufsrechtliche Konsequenzen

V. erhielt ein Jahr und neun Monate auf Bewährung, R. eineinhalb Jahre auf Bewährung. Sie legten Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte den Schuldspruch – mit Beginn der Geburt oder im Fall eines Kaiserschnitts mit Eröffnung des Uterus werde dem Strafrecht zufolge aus dem Fötus ein Mensch. Über die Höhe der Strafen aber sei neu zu verhandeln, so der BGH.

Damit war klar: Freispruch ausgeschlossen. Die Ärzte sagten nun, es tue ihnen leid. V.: „Es war nie meine Absicht, mit dem Recht in Konflikt zu geraten.“ Die neuen Strafen nur etwas geringer: Ein Jahr und sieben Monate beziehungsweise ein Jahr und vier Monate Haft – jeweils auf Bewährung. Nun drohen berufsrechtliche Konsequenzen.