Ärger um Pionier-Soljanka und Co.: „Meine NVA-Feldsuppe verharmlost doch nicht die SED-Diktatur!“
Antje Mandelkow hat aus dem Nichts die Manufaktur aufgebaut, in der auch das Armee-Gericht gekocht wird. Verschwindet es aus den Supermarkt-Regalen, wären Jobs in Gefahr.

Ihre Suppe ist derzeit in aller Munde. Nicht nur, weil sie ihrer Kundschaft so gut schmeckt. Denn es gibt Ärger um Dosen mit DDR-Gerichten aus dem Supermarkt. Dazu gehört die NVA-Feldsuppe, die Antje Mandelkow (51) aus Sachsen-Anhalt in ihrer „Kelles Klädener Suppenmanufaktur“ herstellt. Dass man nun ihr Produkt mit dem DDR-Regime in einem Topf wirft, schmeckt der Unternehmerin gar nicht. „Meine NVA-Feldsuppe verharmlost doch nicht die SED-Diktatur!“, sagt sie dem KURIER.
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Auslöser war die Bundesstiftung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, die jetzt bei einem Supermarkt-Besuch am Berliner Ostbahnhof Dosen mit „Nudeln mit Tomatensauce & Jagdwurst“ oder „Schulküchen Soljanka“ mit Kindern in Pionieruniform und DDR-Staatswappen auf dem Etikett entdeckte. Auch Mandelkows „NVA-Feldsuppe“ fiel auf, die gar nicht mit dem DDR-Wappen wirbt. Urteil der Stiftung: Diese Konservendosen würden in ihrer Aufmachung „die SED-Diktatur verharmlosen“. Die Stiftung warf dem Handelsriesen Rewe öffentlich „Geschichtslosigkeit“ vor. Rewe-Märkte verkaufen diese Produkte im Osten des Landes und Berlin.
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NVA-Feldsuppen-Produzentin Mandelkow ist jedenfalls pappesatt. „Hat sich denn einer von der Stiftung gefragt, was das für Folgen hätte, wenn diese Waren aus den Regalen verschwinden?“ Offenbar nicht. „An der NVA-Feldsuppe hängen Existenzen, Familien. Sie ernährt seit Jahren acht Mitarbeiter“, sagt Mandelkow. „Das Produkt gibt es seit 13 Jahren, damit bin ich seit zehn Jahren auf der Grünen Woche in Berlin – und es gab nie Ärger.“

Allein an der NVA-Suppen-Produktion hängen acht Jobs
Warum ist die NVA-Feldsuppe plötzlich so anstößig? Weil die NVA zur DDR gehörte? „Sie gehört genauso dazu wie Nudeln mit Tomatensauce und Jagdwurst“, sagt Mandelkow. Oder wie die regionale Erbsensuppe mit Schweinefleisch und Bockwurst, die in ihrer Manufaktur wie einst die NVA-Feldsuppen gekocht wird. Daher der Name. Mandelkow muss es wissen: Ihr Ex-Mann war Koch bei der NVA.
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„Es ist doch nur ein Gericht, das es schon bei den Husaren gab und von vielen Menschen noch heute gerne gegessen wird“, sagt die Unternehmerin. „Damit verherrlicht doch keiner die SED-Diktatur!“
Und es steckt noch mehr dahinter. Eine der wenigen ostdeutschen Wirtschaftserfolgsgeschichten, die von einer Frau erzählt, die aus dem Nichts etwas Neues erschuf und damit für Jobs sorgte – in der Altmark-Region, die nicht gerade mit Arbeitsplätzen gesegnet ist.

Mandelkow fing als Kellnerin im Familien-Gasthof an. Als es Anfang der 90er-Jahre mit der Gastronomie nicht mehr so lief, kam sie auf die Suppen-Idee und sattelte um. „Alle hielten es für verrückt, die Banken wollten kein Geld dafür geben. Doch ich habe mich durchgeboxt und mit nur einem Euro mein Unternehmen aufgebaut“, sagt Mandelkow.
NVA-Feldsuppe: Mit einem Euro baute Antje Mandelkow ihre Firma auf
Mit einer Hochzeitssuppe fing es an, dann kam die NVA-Feldsuppe dazu. „Mit meinen vier Töchtern zogen wir mit selbstgemachten Reklametafeln von Dorffest zu Dorffest und verkauften die Suppen, die reißenden Absatz fanden.“ 2009 wurde die Manufaktur gegründet. Denn durch Zufall fanden ihre Suppen auch bei jemandem aus dem Supermarkt-Bereich Geschmack. Mandelkow begann mit der Konserven-Produktion, die es bei Rewe zu kaufen gibt. „So etwas muss erst einmal jemand schaffen“, sagt die Unternehmerin.

Über 3500 Konserven verlassen täglich die Manufaktur, die gerade für die Hochzeitsuppe mit dem kulinarischen Preis des Landes Sachsen-Anhalt in der Kategorie „national“ ausgezeichnet wurde. Insgesamt lässt Mandelkow 18 Suppensorten produzieren, beschäftigt 28 Mitarbeiter, darunter Menschen mit Handicap. „Das alles könnte durch den Wirbel um die DDR-Dosen kaputtgehen, würde Rewe unsere NVA-Feldsuppe aus dem Sortiment nehmen“, sagt Mandelkow.
Auch die Fans der Feldsuppe würden das nicht gut finden. Denn sie schmeckt, findet auch Diplom-Ingenieur Ronny Tätweiler (59) aus Prenzlauer Berg, der einst Unteroffizier bei der NVA war und das Gericht für den KURIER testete. „Es ist eine Erbsensuppe mit ein paar Stücken Bockwurst darin“, sagt er. „Eine Suppe die satt macht und wirklich nach Osten schmeckt.“ Warum nun ein politischer Rummel um das Gericht losgetreten wurde, könne er nicht verstehen.