Sie ist schneller und tödlicher

15 Verdachtsfälle in einer Mahlsdorfer Schule: Wie gut kann sich Berlin vor der Delta-Variante schützen?

13 Schüler einer Klasse und zwei Lehrer könnten sich mit der hochansteckenden Mutante infiziert haben, die in der Hauptstadt auf dem Vormarsch ist.

Teilen
An dieser Schule kam es zu einem größeren Corona-Ausbruch. Der Verdacht liegt nahe, dass sich 13 Kinder und zwei Lehrer mit der Delta-Variante angesteckt haben.
An dieser Schule kam es zu einem größeren Corona-Ausbruch. Der Verdacht liegt nahe, dass sich 13 Kinder und zwei Lehrer mit der Delta-Variante angesteckt haben.Benjamin Pritzkuleit

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen ist in Berlin derzeit auf sehr niedrigem Niveau. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt. Denn die aus Indien stammende und hochansteckende Delta-Variante ist in der Hauptstadt auf dem Vormarsch. Erst jetzt wurde bekannt, dass es an der Best-Sabel-Grundschule in Mahlsdorf in der vergangenen Woche einen größeren Corona-Ausbruch bei 13 Schülern und zwei Lehrern gab. Der Verdacht: Sie könnten sich mit der Delta-Variante infiziert haben.

Bei den erkrankten Schülern handelt es sich um acht- und neunjährige Kinder, teilte am Freitag Gordon Lemm (SPD), Gesundheitsstadtrat von Marzahn-Hellersdorf, dem KURIER mit. „Nach Aussagen des Gesundheitsamtes geht es ihnen soweit gut. Sie sind symptomfrei.“ Allerdings sei dies der Stand von Dienstag. „Neuere Informationen gibt es dazu noch nicht“, so Lemm.

Der Corona-Ausbruch in der privaten Grundschule fing Ende vergangener Woche in einer Klasse an. Laut dem Gesundheitsstadtrat wurde bei einem Schnelltest die Infektion erst bei einem Kind festgestellt. Ein genauerer PCR-Test am selben Tag bestätigte das Ergebnis. Am Folgetag waren schon sechs Kinder und die Klassenlehrerin erkrankt. Die Zahl der Fälle schnellte dann auf insgesamt 13 Schüler und zwei Lehrer nach oben.

Die Delta-Variante soll noch ansteckender sein, vor allem auch Kinder und Jugendliche treffen.
Die Delta-Variante soll noch ansteckender sein, vor allem auch Kinder und Jugendliche treffen.imago/Ohde

Am Dienstag informierte das Gesundheitsamt Marzahn-Hellersdorf den Gesundheitsstadtrat. „Zu diesem Zeitpunkt waren Kontaktverfolgung und Quarantäne-Maßnahmen bereits eingeleitet und umgesetzt“, sagt Lemm. Bevor er am Donnerstagabend den Fall über Facebook öffentlich machte, habe er sich vorab versichert, „dass bereits alle Eltern und die Schulgemeinschaft informiert waren“, um keine unnötige Unruhe zu erzeugen.

Corona-Ausbruch in Schule: Unklar, wie sich die Kinder angesteckt haben

Derzeit ist unklar, wie sich die Schüler und Lehrer angesteckt haben könnten. Es hätte ganz normalen Präsenzunterricht gegeben, sagt Lemm. „Klar ist, dass die Schule und die Klasse die Hygieneregeln eingehalten haben“, sagt der Stadtrat. „Nach Aussage unseres Gesundheitsamtes deutet alles auf eine Variante B.1.617 hin. Ob es sich dabei konkret um die sogenannte Delta-Variante handelt, wird gerade sequenziert.“ In der kommenden Woche erwarte man das Ergebnis.

Gesundheitsstadtrat Gordon Lemm
Gesundheitsstadtrat Gordon LemmSPD

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt davor, die Delta-Variante nicht ernst zu nehmen. „Sie hat das Potenzial, tödlicher zu sein, weil sie in ihrer Übertragung von Mensch zu Mensch effizienter ist und somit die verletzlichen Individuen finden kann, die schwer erkranken, ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen und möglicherweise sterben“, sagt Notfall-Direktor Mike Ryan.

Anders als bei der Corona-Ursprungsvariante ähneln die Symptome der Delta-Variante eher einer leichten Grippe: Laufende Nase, Müdigkeit, Kopf- und Halsschmerzen, Fieber und Appetitverlust sind die Merkmale. Laut einer schottischen Studie sind Kinder mehr als Erwachsene betroffen. Hinweise auf ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf gab es aber nicht.

Die Mutante breitet sich in Europa verstärkt in Großbritannien, Spanien und Portugal aus. Laut RKI liegt in Deutschland der Delta-Anteil bei 15 Prozent. Die Mutation werde in den nächsten Wochen die Oberhand gewinnen, mutmaßen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler.

Delta-Variante in Berlin: Sie könnte vor allem Kinder treffen

Für Berlin geht Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci davon aus, „dass sich die Delta-Variante rasch verbreitet und vor allem Kinder und Jugendliche davon betroffen sind“. Seit einer Woche ließe sich „ein ansteigender Trend beobachten“, sagt ein Sprecher der Gesundheitsverwaltung. Mit derzeit 159 Fällen hat die Delta-Variante bei allen Neuinfektionen einen Anteil von 4,9 Prozent. Davon entfallen 29 auf Neukölln, 26 auf Tempelhof-Schöneberg und 22 auf Charlottenburg-Wilmersdorf. In Marzahn-Hellersdorf gab es mit fünf Delta-Fällen bisher die wenigsten in Berlin. Das könnte sich ändern, wenn sich die 15 Corona-Fälle in der Mahlsdorfer Schule als Delta-Variante bewahrheiten sollten.

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci befürchtet ein rasches Ausbreiten der Delta-Variante, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Sie fordert die Berliner auf, sich impfen zu lassen.
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci befürchtet ein rasches Ausbreiten der Delta-Variante, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Sie fordert die Berliner auf, sich impfen zu lassen.DAVIDS/Sven Darmer

Gesundheitssenatorin Kalayci appelliert an die Berliner, sich impfen zu lassen. Auch RKI-Chef Wieler rät dringend, die Zweitimpfung unbedingt wahrzunehmen. Menschen, die vollständig geimpft sind, seien vor schweren Erkrankungen durch die Delta-Variante geschützt. Wer nur einmal geimpft ist, könne das Virus weitertragen, so Wieler. In Berlin sind derzeit 1,2 Millionen Menschen durchgeimpft, etwa zwei Millionen Einwohner haben nur eine Impfung.

Berlin will auch weiterhin auf das Impfen als stärkste Waffe im Kampf gegen das Coronavirus und seine Mutationen setzten. Das rasche Verbreiten der Delta-Variante gehörte daher auch zu den Gründen, warum der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) einen Teil der sechs Berliner Impfzentren weiter betreiben will. Diese sollten eigentlich Ende September ihren Betrieb einstellen. Nun wird überlegt, mindesten drei Zentren weiter offen zu halten. Denn im Herbst oder Winter könnte es bereits die dritte Corona-Impfung für bestimmte Personengruppen geben. Das wären unter anderem ältere Menschen mit einem ohnehin geschwächtem Immunsystem, sagte der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Charité.