100 Jahre Wisent-Rettung

Ein Opa kam aus Berlin: Wieder frei lebende Wisente in Europa!

Der Wisent stand kurz vor der Ausrottung. Dass die Tiere heute wieder in freier Wildbahn zu finden sind, hat auch mit dem Berliner Zoo zu tun.

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Zwei Wisente stehen in einem Gehege im Berliner Zoo. 
Zwei Wisente stehen in einem Gehege im Berliner Zoo. Hannes Albert/dpa

Es ist ein historisches Comeback: Die Rettung des Europäischen Wisents gehört zu den größten Erfolgsgeschichten im internationalen Artenschutz. Einst im natürlichen Lebensraum ausgerottet, ziehen heute wieder Wisente durch europäische Wälder. Auch am Rande Berlins gibt es in der Döberitzer Heide eine Herde. Die Geschichte des Europäischen Wisents ist untrennbar mit Berlin verknüpft.

Von Berlin aus nach ganz Europa

Von hier aus nämlich gehen immer wieder Wisente aus Zoo und Tierpark in europäische Länder und helfen so, neue Populationen aufzubauen. Noch bevor 1927 der letzte frei lebende Wisent im Kaukasus erschossen und die Art im natürlichen Lebensraum ausgerottet wurde, war Berlin die Wiege seiner Wiederauferstehung: Am 25. und 26. August 1923, vor 100 Jahre also, trafen sich engagierte Expertinnen und Experten im Zoo Berlin, um die „Internationale Gesellschaft zur Erhaltung des Wisents“ zu gründen.

Von Berlin aus soll auch in diesem Jahr die Verbreitung der Wisente vorangetrieben werden. Die Zoologischen Gärten Berlin wollen im Herbst zehn Tiere nach Baku in Aserbaidschan schicken, wie sie am Freitag anlässlich des 100. Gründungstages der „Internationalen Gesellschaft zur Erhaltung des Wisents“ mitteilten.

Für Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem sind an diesem Tag vor allem zwei Erkenntnisse zentral: „Der Zoo Berlin ist ein historisch bedeutsamer Ort, an dem sich Tradition und Zukunft die Hand reichen. Es erfüllt mich mit Freude, dass uns diese Vision, für die an dieser Stelle einst der Grundstein gelegt wurde, noch 100 Jahre später mit dem WWF und vielen anderen Partnern verbindet: Die Rückkehr des Wisents in seinen natürlichen Lebensraum. Dieses Projekt hat uns gelehrt: Wenn man ein gemeinsames Ziel hat, dann kennt Artenschutz keine Grenzen.“

Andreas Knieriem, Direktor des Zoos, Tierparks und Aquariums Berlin.
Andreas Knieriem, Direktor des Zoos, Tierparks und Aquariums Berlin.Hannes Albert/dpa

Bereits seit 2019 setzen sich Zoo und Tierpark Berlin gemeinsam mit dem WWF Deutschland für die Rückkehr des Wisents in seinen natürlichen Lebensraum im Kaukasus ein. Im Rahmen des Wiederansiedlungsprojekts in Aserbaidschan wurden bislang 36 Wisente in der Kernzone des rund 1300 km² großen Shahdag-Nationalparks ausgewildert, zehn weitere Tiere treten im Herbst 2023 die Reise von Berlin nach Baku an.

Die Tiere haben sich bereits vermehrt und der Bestand ist auf 48 angewachsen. Bis 2028 sollen insgesamt 100 Tiere aus europäischen Zoos für den Aufbau einer stabilen Population in Aserbaidschan zur Verfügung gestellt werden.

Ohne Zoos keine frei lebenden Wisente

„Ohne Zoologische Gärten gäbe es den Europäischen Wisent heute nicht mehr“, sagte der Zoologische Leiter von Zoo und Tierpark Berlin, Christian Kern. Doch die Wiederansiedlung von in der Natur ausgerotteten Tieren ist ein überaus aufwendiges Unterfangen und bedarf längerfristigen Engagements. Eine solche Aufgabe kann kein Staat, kein Zoo und keine Umweltorganisation allein stemmen. Das Wisent-Projekt zeigt ganz klar: Artenschutz ist Teamarbeit“, so Kern.

Die gesamte heutige Population von 8225 Tieren in Europa geht demnach auf zwölf Tiere mehrerer Zoos zurück – eines davon aus dem Zoo Berlin. 1952 konnten auf Initiative der Gesellschaft die ersten frei lebenden Wisent-Herden im Nationalpark Białowieża an der polnisch-belarussischen Grenze wieder ausgewildert werden.

Größte Wisent-Herde in Döberitzer Heide

Auf Initiative der Heinz-Sielmann-Stiftung leben am westlichen Berliner Stadtrand auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Döberitz (Landkreis Havelland) etwa 130 Wisente. Damit ist diese Wisent-Herde die größte in Deutschland, sie wurde seit 2006 dort angesiedelt. Seit 2010 bewohnen sie gemeinsam mit Przewalski-Pferden und Rotwild ein Semireservat von 1850 Hektar, umfriedet von einem rund 22 km langen Zaun. Die Heinz-Sielmann-Stiftung setzt sich für Natur- und Umweltschutz ein und hat ihren Sitz im niedersächsischen Duderstadt.