Das Renaissance-Theater Berlin ist jetzt 100 Jahre alt.
Das Renaissance-Theater Berlin ist jetzt 100 Jahre alt. imago/Dirk Sattler

100 Jahre muss man erst mal werden. Das Renaissance-Theater hat es geschafft. Und wie, ist irgendwie lustig, ja fast unglaublich. Denn bis heute ist das Erfolgsgeheimnis des Hauses in der Knesebeckstraße – abgesehen von den vielen künstlerischen Erfolgen – das Haus selbst. Komischerweise hat das nie einer kopiert.

Das Renaissance-Theater ist das einzige Art-Déco-Theater weit und breit. Ja, im Renaissance-Theater ist die feine Täfelung das berühmte Brett, das die Welt bedeutet, und das zieht die Besucher in Scharen an – seit dem 18. Oktober 1922, als die Bühne ihren Spielbetrieb aufnahm.

Es gibt echte Fans und notorische Premieren-Abonnenten, große Gönner und grimmige Kritiker. Und ganz egal, woher der Wind der Zuneigung weht: Stets spaziert man mit einem wohligen Gefühl durchs Haus. Die intime, zauberische Atmosphäre ist einmalig und immer wieder aufs Neue ein angenehmer Rahmen für richtig gutes Theater. Das war schon so, als Helene Weigel, Tilla Durieux und Theo Lingen das Publikum begeisterten.

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„Der nackte Wahnsinn“ am Renaissance-Theater. Szene mit Ralph Morgenstern (als Tim Allgood) und Katharina Thalbach (als Dotty Otley/Mrs. Clackett).
„Der nackte Wahnsinn“ am Renaissance-Theater. Szene mit Ralph Morgenstern (als Tim Allgood) und Katharina Thalbach (als Dotty Otley/Mrs. Clackett). imago/DRAMA-Berlin.de

Im Zweiten Weltkrieg bekam sogar der große Heinrich George Lust, das schöne Theater zu übernehmen. Er nutzte in den Jahren 1943 und 1944 als Generalintendant des Schiller-Theaters die Bühne als „Kleines Haus des Schiller-Theaters“, wie es hieß.

Die britische Militärregierung wollte ein Revue-Theater aus dem Renaissance-Theater machen

Direkt nach dem Krieg wollte die britische Militärregierung ein Revue-Theater daraus machen. Zum Glück kommt es schon bald anders. Unter Intendant Kurt Raeck wird die Bühne wieder ein Privattheater.

In den folgenden Jahrzehnten wird das Renaissance-Theater zur Heimat vieler großer Künstler: Lucie Mannheim, Curt Goetz, Grete Mosheim und Elisabeth Bergner begeistern hier die Zuschauer. Berta Drews und O.E. Hasse. Auch Elisabeth Flickenschildt und Grete Weiser sind zu sehen. Später Mario Adorf, Hardy Krüger und Harald Juhnke.

2020 übernimmt der Schauspieler Guntbert Warns die Intendanz des traditionsreichen Hauses. Er kann ja nicht wissen, was kommt: die Corona-Pandemie! Und obwohl sein Theater-Schiff schlingert und rollt, hält er sich über Wasser – bis jetzt. Und darauf kann er stolz sein.

Auch Harald Juhnke begeisterte seine Fans im Renaissance-Theater.
Auch Harald Juhnke begeisterte seine Fans im Renaissance-Theater. imago/United Archives

Auf die Frage, „Was wäre Berlin ohne dieses großartige Haus?“, antwortet der Intendant dem KURIER: „Um eine echte Attraktion ärmer. Das einzige vollständig erhaltene Art-Déco-Theater Europas.“

Guntbert Warns weiß also sehr wohl, was er an seiner Bühne hat. Und darum hat ihm dieser ganze Pandemie-Irrsinn auch nie wirklich zugesetzt: „Es ist kein Fluch“, so Warns. „Auch wenn ich mich selbst schon mal als Seuchenintendant bezeichnet habe, so ist das eher eine sarkastische Bemerkung zu der nicht unerheblichen Mehrbelastung, die alle Mitarbeiter betroffen hat. Lockdown war harte Arbeit. Andererseits konnte ich mich mit meinem neuen Aufgabenfeld in gegebener Demut auseinandersetzen.“

Das Renaissance-Theater lädt zu einer großen Geburtstagsgala ein

Wo steht das Renaissance-Theater heute? Warns: „Künstlerisch in der Verantwortung, dass die Zuschauer unterhalten werden, aber ohne den Kopf an der Kasse abgeben zu müssen. Wirtschaftlich dem Senat zu Dank verpflichtet, dass wir auch in der Pandemie nicht fallen gelassen wurden, und was die Zeit danach angeht, werden wir uns weiterhin ins Zeug legen wieder zu alten Besucherzahlen zurückzukommen.“

Nun also ist das Haus 100 Jahre am Start. Am Sonnabend (29. Oktober) wurde das mit einer großen Gala gefeiert. Mit bekannten Künstlerinnen und Künstlern und mit einem, wie es hieß, außergewöhnlichen  Show-Programm. Unter anderem wollten mit dabei sein: Katharina Thalbach, die am Renaissance-Theater etwa in „Der nackte Wahnsinn“ zu sehen war, Anika Mauer, Gerd Wameling & Imogen Kogge, Klaus Christian Schreiber, Sven Ratzke, Nadine Schori, Roberto Guerra, Thomas Schendel, Ilona Schulz und Walter Sittler als Ehrengast.

Schon vor der Show gab es reichlich Schampus und Currywurst. Weitere Gäste von Intendant Guntbert Warns waren die drei Ex-Regierenden Bürgermeister Walter Momper, Klaus Wowereit und Michael Müller (alle SPD). Außerdem kamen Kultursenator Klaus Lederer (Linke), Monika Hansen, Christian Berkel, René Koch, Kunstfreund Peter Raue und „Dark“-Star Deborah Kaufmann mit Tochter Rachel.

Auch Simone Thomalla schaute vorbei, sie hatte ja ebenfalls schon auf der Bühne des Renaissance-Theaters gestanden. Dem KURIER sagte sie: „Ich spiele auf jeder Bühne gleich. Das Besondere am Renaissance-Theater ist die Atmosphäre hinter den Kulissen. Das ist wie eine große Familie.“

Renaissance-Theater-Intendant Guntbert Warns.
Renaissance-Theater-Intendant Guntbert Warns. imago/Photopress Müller

Eine Frage hätten wir dann aber doch noch an Guntbert Warns: Mit welchem dieser drei großen ehemaligen Stars seines Hauses hätte er eigentlich gern selbst mal auf der Bühne gestanden? Helene Weigel, Theo Lingen oder Harald Juhnke?

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„Mit allen dreien“, schlägt er vor. Mit Juhnke war Warns sogar befreundet. „Wir drehten einige Monate zusammen und teilten uns den Wohnwagen am Set. Ich machte ihn mit Katharina Thalbach bekannt und daraus entstand ,Der Hauptmann von Köpenick‘. Leider war ich da verhindert. Harald. Ein großartiger Mensch und Schauspieler und ,Ententrainer‘, wie er selbst immer von sich sagte.“

Herzlichen Glückwunsch und auf weitere 100 gute Jahre!