Berliner Verlag

Friedenau, Hackerstraße 1, am Eck das Café mit dem drolligen Namen „Kaf' fee“. Im Vorgarten prangt auf der Kreidetafel statt dem Getränkeangebot der Spruch: „Sitzt der Gast im Garten, muss das Virus warten.“ Ähnliche Qualität beweist auf der großen Terrasse die Klapptafel mit dem Kalauer: „Ohne Kuchen und Gebäck hat das Leben keinen Zweck.“ Darauf ein Stück Käsekuchen zu 3,80 Euro bitte!

Schmunzelnd frage ich die Chefin Sabine Knödelsdorfer: „Wie kommen Sie denn da drauf?“ Die Chefin ist nicht nur Chefin, sondern kennt sich mit Menschen aus, schließlich ist sie promovierte Ethnologin. „Der Berliner an sich ist eher motzig unterwegs, dem fehlt es etwas an Lebensfreude. Unsere witzigen Sprüche lockern auf. Die Gäste treten lächelnd ein.“

Recht hat sie. Ich muss ja auch immer grinsen, wenn ich frühmorgens um 7 Uhr an der 24-Stunden-Bar Yorck's in der Kreuzberger Yorkstraße vorbeiradele. Da steht auf dem Schild säuberlich in bunten Buchstaben samt aufgemaltem schäumendem Bierkrug: „Wasser schmeckt erst, wenn es in der Brauerei gewesen ist“. Diana, die Geschäftsführerin, treffe ich drinnen bei schummerigem, farbigem Licht, die Tische sind voll besetzt mit rauchenden, Bier und Schnäpschen genießenden fröhlichen Frauen und Männern, alle so um die 30, 40 Jahre alt. Die Nachtschicht im Feierabend. „Das sind die Sprüche, die man so am Tresen einsammelt“, sagt Diana. Stolz ist sie darauf, dass viele Vorübergehende stoppen, stehenbleiben und Fotos machen.

Witzischkeit kennt keine Grenzen im Friedenauer Cafè.
Witzischkeit kennt keine Grenzen im Friedenauer Cafè. Foto: Susanne Dübber

Nicht so lustig zumute war mir im Brandenburgischen, nah bei Berlin, Regio-Haltestelle. Neben der Speisekarte mit Roulade und Gulasch prangt das Schild „Keine veganen oder vegetarischen Speisen im Angebot!!!“ Drei Ausrufezeichen, da muss was los sein, denke ich. Die Kellnermannschaft, Anfang 60, erzählt empört und wutschnaubend von jungen Großstädtern, die sauer sind und laut werden, wird ihnen kein Speisenangebot passend zum aktuellen Zeitgeist offeriert. Die Kellnerin sagt: „Wir kochen schon immer so, das ändern wir jetzt nicht mehr kurz vor der Rente.“ Selbst die Tomatensuppe sei mit Speck.

Voll auf der Schilderwelle schwimmt auch Thomas Lengfelder vom Berliner Hotel- und Gaststättenverband. „Über den veganen Hinweis kann man sicher streiten. Die anderen Schilder sind doch ganz lustig. Gerade in der heutigen schwierigen Zeit sollten wir nicht alles so ernst nehmen.“