Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer neben AfD-Spitzenfrau Kristin Brinker am Wahlabend: Tausende sind von links nach rechts gewandert, doch die Rechtspartei hat ebenfalls verloren.
Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer neben AfD-Spitzenfrau Kristin Brinker am Wahlabend: Tausende sind von links nach rechts gewandert, doch die Rechtspartei hat ebenfalls verloren. dpa/Annette Riedl

Berlin ist arm, aber auch schon lange nicht mehr sexy: Das nervt offenbar immer mehr Berlinerinnen und Berliner in einem Maße, dass am 12. Februar viele Wahlberechtigte von ihrem Wahlrecht nicht gebraucht gemacht haben. Fast alle Parteien haben Stimmen an eine andere abgegeben, die überhaupt nicht zur Wahl stand: die der Nichtwähler.

Umfragen, Ergebnisse, News, Analysen: Alles zur Berliner Wiederholungswahl 2023 >>>

Fast alle Parteien haben Tausende Wähler so stark enttäuscht, dass sie nicht mehr wählen wollten

Den vorläufigen Zahlen vom Sonntagabend nach ist die FDP wohl die einzige Partei, die noch mehr Stimmen an eine andere Partei verloren hat, und zwar die CDU. Alle anderen, sogar einschließlich der als Protestpartei wahrgenommenen AfD haben einen erheblichen Anteil ihrer Wählerschaft so nachdrücklich enttäuscht, dass sie nicht zur Wahl gehen wollten.

Allerdings hat die SPD den vorläufigen Zahlen zufolge zusammengerechnet noch mehr Stimmen an die konservative CDU und die in erheblichen Teilen rechtsextreme AfD verloren als an Nichtwähler. Offenbar fühlten sich diese Wahlberechtigten bei der SPD in der Koalition mit Grünen und Linken nicht mehr angesprochen. Über die genauen Gründe lässt sich nur spekulieren: die von den Grünen forcierte Verkehrswende, das diffuse Gefühl von Unsicherheit nach den Silvester-Krawallen - die vage Hoffnung, dass eine CDU-geführte Regierung die angehäuften Probleme der Stadt besser managen könnte: Die Gründe sind vielfältig und werden Berlin noch länger beschäftigen.

Enttäuschte Linken-Wähler in Berlin haben sich nach rechts orientiert

Erstaunlich sind einige Details der Wählerwanderung, die so wohl nur wenige erwartet hätten: Auch die Linke hat viele einstige Wähler verschreckt, die 2023 nicht zur Wahl gegangen sind. Bei den Abwanderungen zu anderen Parteien steht aber eine ganz vorne, die sehr weit von den Linken entfernt ist: die CDU, gefolgt von der AfD. Einigen Linken-Politiker wie Sahra Wagenknecht, die in Berlin gar nicht zur Wahl standen, zeigen in bestimmten Programmpunkten Übereinstimmungen mit der Rechtsaußen-Partei. Für mehrere tausend ehemalige Linken-Wähler haben den Wechsel von links nach ganz weit rechts in Berlin offenbar schon vollzogen.