Das Paar Michelle Pirschel und Thomas Rink verbringt den Sonntag gemeinsam im Neuköllner Wahllokal 205.
Das Paar Michelle Pirschel und Thomas Rink verbringt den Sonntag gemeinsam im Neuköllner Wahllokal 205. Markus Wächter/Berliner KURIER

Ein junges Paar verbringt Sonntage gern gemeinsam – auch Michelle Pirschel und Thomas Rink. An diesem Sonntag sitzen die beiden 25-Jährigen nebeneinander und gleichen die Wählerliste im Neuköllner Wahllokal 205 mit den Wahlbenachrichtigungen und den Personalausweisen ab, ehe die Wähler ihre Stimmzettel in die Urne stecken dürfen.  

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Die Erzieherin und der Student im dualen Studium beim Finanzamt hatten sich als Wahlhelfer gemeldet und gehofft, gemeinsam eingesetzt zu werden - es hat geklappt.

Entspannte Arbeit am Vormittag: Es sind noch nicht viele Wähler gekommen

Thomas Rink, der im elfköpfigen Wahlvorstand den Vize-Vorsitz innehat: „Alles läuft gut, wir sind gut vorbereitet.“ Am Nachmittag werden die beiden erst einmal frei haben, dann rotiert die zweite Hälfte der Mannschaft in die Räume im Neubau des Rathauses Neukölln. Abends geht es dann zum Auszählen.

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Viel zu tun ist nicht: Zwischen 8 Uhr und nach 12 Uhr waren erst 92 Wähler gekommen. Der Stimmbezirk rund um Flughafen-, Reuter- und Karl-Marx-Straße hat rund 1300 Wahlberechtigte, von denen aber auch etliche Briefwahl gemacht haben. 

Und so winkt Lisbeth Angner (82) jeden Wähler zur richtigen Tür. Die Buchbinder-Meisterin: „Ich bin seit über 30 Jahren Wahlhelferin. Das macht mir Spaß, man kommt mit Menschen ins Gespräch, und ich habe immer gerne gearbeitet.“

Manfred Steinert gibt gerne Auskunft: „Pro Stimmzettel nur ein Kreuz!“
Manfred Steinert gibt gerne Auskunft: „Pro Stimmzettel nur ein Kreuz!“ Markus Wächter/Berliner KURIER

Sieben Wahllokale sind über das Rathaus verteilt, in der Verwaltungsbibliothek befindet sich das Wahllokal 208. Und auch hier steht ein alter Neuköllner vor der Tür, Manfred Steinert (82). Der frühere Lufthansa-Außendienstler: „Ich mache das zum dritten Mal, und es ist schön, dass es jetzt mehr Erfrischungsgeld gibt.“ Bis zu 240 Euro statt 60.

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Immer die gleiche Frage, immer die gleiche Antwort: Pro Zettel nur ein Kreuz!

Steinert hat über den Vormittag schon mehrmals die Frage beantwortet, wie viele Kreuze man machen darf. „Eines auf jedem der drei Wahlzettel für die BVV, für die Erst- und die Zweitstimme für das Abgeordnetenhaus.“ Zur Sicherheit steht vor der Tür zum Wahllokal ein Flipchart mit den drei Zettel und dem Hinweis auf das eine Kreuz.

Alexandra Nier vom Wahlvorstand des Stimmbezirks 208.
Alexandra Nier vom Wahlvorstand des Stimmbezirks 208. Markus Wächter/Berliner KURIER

Drinnen freut sich die Juristin Alexandra Nier aus dem Wahlvorstand über den reibungslosen Ablauf, denn auch hier „kleckern“ die Wähler nur. Bis zum Mittag sind auch hier nur rund 90 der etwa 1200 Wahlberechtigten gekommen, die aus dem Kiez Richard- oder Donaustraße stammen. 

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Im Gegensatz zu 2021, als wegen Corona nur zwei Wahlkabinen aufgestellt waren, gibt es jetzt vier, und mit elf Mitgliedern des Wahlvorstands sind es auch mehr, berichtet Alexandra Nier, die schon am 26. September 2021 im Einsatz war.

Wählerin dankt den Helfern für ihren Einsatz

Die Helfer greifen dann auch noch ein Lob einer Wählerin ab, dass sie sich für das Ehrenamt bereiterklärt haben. Die Frau berichtet von langen Schlangen am Wahltag 2021, allerdings hätte sie damals so früh abgestimmt, dass sie kein Kuddelmuddel miterlebte.

Adalet Firat gibt ihre Stimme in der Verwaltungsbibliothek des Rathauses Neukölln ab. Sie erwartet, dass türkischstämmige Wahlberechtigte nicht wählen, weil sie in die Türkei gereist sind, um Verwandten nach dem Erdbeben beizustehen.
Adalet Firat gibt ihre Stimme in der Verwaltungsbibliothek des Rathauses Neukölln ab. Sie erwartet, dass türkischstämmige Wahlberechtigte nicht wählen, weil sie in die Türkei gereist sind, um Verwandten nach dem Erdbeben beizustehen. Markus Wächter/Berliner KURIER

Unter den Abstimmenden ist auch Adalet Firat (51), in Neukölln wohnende, ehemalige grüne Bezirksverordnete in Friedrichshain-Kreuzberg. Sie erwartet eine relativ geringe Wahlbeteiligung von türkischstämmigen Wählern: „Viele sind in die Türkei geflogen, um Verwandten nach dem Erdbeben zu helfen, weil die Hilfe dort zu spät kommt oder Hilfsgüter falsch verteilt werden.“